Putins Vorschlag zur Raketenabwehr:Signal oder Machtspiel?

Der Vorschlag des russischen Präsidenten Putin für eine gemeinsame Raketenabwehr mit den USA in Aserbaidschan ist international auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Nato-Generalsekretär hat auch technische Bedenken.

Vor allem in Polen und Tschechien, in denen die Vereinigten Staaten nach Moskauer Sicht dann keine Raketentechnik aufstellen müssten, stieß Putins Angebot auf Skepsis. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer reagierte ebenfalls verhalten.

Er sei "kein technischer Experte", doch scheine ihm der Standort "ein bisschen zu nah an den 'Schurkenstaaten'", gegen die sich der Schild wenden solle. US-Angaben zufolge soll das System Raketen aus Staaten wie Iran und Nordkorea abfangen. Putins Initiative sei "ein konstruktives Signal des Dialogs und der Entspannung", sagte dagegen ein Sprecher von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

Die Radarstation in Aserbaidschan könnte ganz Europa vor einer Bedrohung aus Iran schützen, hatte Putin am Donnerstag nach einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush am Rande des G-8-Gipfels in Heiligendamm gesagt. Russland würde bei einer solchen Zusammenarbeit darauf verzichten, wie angedroht seine Raketen auf konkrete Ziele in Europa zu programmieren. Bush hatte das Angebot eine "interessante Idee" genannt.

Der tschechische Regierungschef Mirek Topolanek sagte, sollten die USA im Gegenzug auf die geplante Stationierung einer Radaranlage in seinem Land verzichten, könnte dies ein Versuch des Kremlchefs sein, Mitteleuropa als russische Einflusssphäre wiederzugewinnen.

"Signal des Dialogs und der Entspannung"

Grundsätzlich sei Putins Verhandlungsbereitschaft aber ein Durchbruch. Verteidigungsministerin Vlasta Parkanova sagte, die Initiative sei so plötzlich gekommen wie "ein Blitz aus heiterem Himmel". Das polnische Außenministerium erklärte, der russische Vorschlag ändere nichts an den laufenden polnisch-amerikanischen Verhandlungen.

Das Auswärtige Amt in Berlin wertete das Angebot als "Signal des Dialogs und der Entspannung". Außenminister Steinmeier äußerte die Hoffnung auf eine "ernsthafte Prüfung" der Idee. Auch der CDU-Außenpolitiker und stellvertretende Unions-Fraktionschef Andreas Schockenhoff sieht die Chance auf eine Entspannung im Verhältnis zu Russland: "Jetzt kommen wir von einer Phase mit sehr emotionalen und zum Teil sehr aggressiven Tönen in eine sachliche Phase."

Moskau hatte bislang jegliche absehbare Raketengefahr für Europa aus Iran verneint und sich durch die amerikanischen Pläne für eine Radarstation in Tschechien und Raketensilos in Polen bedroht gefühlt. Die USA wollen zehn Abfangraketen in Nordpolen aufstellen und eine dazugehörige Radarstellung in Tschechien errichten.

Aserbaidschan erklärte am Freitag seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit Russland und den USA. Außenminister Elmar Mamedjarow sagte mit Blick auf den Nachbarn Iran, er glaube nicht, dass die gemeinsame Nutzung der Radaranlage seinem Land Probleme mit Drittländern schaffe.

Der Militärexperte Rauf Radschabow in Baku ging indes davon aus, dass Iran dies als große Bedrohung auffassen werde. Damit könne sein Land selbst zur Zielscheibe werden. Russland und die USA wollen zunächst in bilateralen Arbeitsgruppen aus Verteidigungs- und Außenministerien das Thema erörtern.

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