Putin-Besuch in Ungarn:Auf Kuschelkurs mit dem Kremlchef

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Viktor Orbán bei Wladimir Putin in dessen Residenz bei Moskau im vergangenen Jahr. Nun folgt also der Gegenbesuch. (Foto: AFP)
  • Nach Kanzlerin Merkel steht der nächste hohe Besuch in Budapest an: Der ungarische Premier Viktor Orbán empfängt den russischen Präsidenten Putin.
  • Bei dem Treffen soll es unter anderem um Energie gehen. Ungarn ist zu einem sehr hohen Anteil abhängig von russischen Energielieferungen.
  • Zwar sprach Orbán in einer Rede die "emotionalen Spannungen" vieler Ungarn gegenüber Russland an. Doch werfen Kritiker ihm vor, einen "Kuschelkurs" mit Putin zu fahren.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Noch kurz vor der Abreise von Wladimir Putin nach Budapest ist sein Besuch eine geheime Kommandosache. Kein Ablaufplan, keine Details. Klar ist nur: Die Sicherheitsvorkehrungen werden enorm sein, und die außerparlamentarische Opposition macht mobil.

Zwar war über die Visite des russischen Präsidenten in Ungarn schon ausführlich berichtet worden, als vor zwei Wochen die deutsche Kanzlerin für fünf Stunden zu ihrem Kollegen Viktor Orbán reiste. Aber damals war das Thema vor allem der Vergleich, der Spagat gewesen, den Orbán sucht - oder dem er sich aussetzt: zwei mächtige Gäste, die derzeit keine Freunde sind, und er mittendrin. Bemüht, wenn überhaupt, um Äquidistanz, nicht etwa um Distanz zu Moskau. Kritiker nennen seine Kontakte zu Putin "Kuschelkurs" und "Anbiederung".

Die amerikanische Zeitschrift Foreign Affairs publizierte gar einen Artikel mit dem unfreundlichen Titel "The Hungarian Putin?" (Der ungarische Putin?), in dem Orbán unterstellt wird, er könnte mit Blick auf die Auslandsungarn, die etwa in der Ukraine, in der Slowakei oder in Serbien leben, ähnliche Ansprüche entwickeln wie Putin mit Blick auf ethnische Russen in der Ukraine - angefangen bei der politischen Vereinnahmung durch die Verteilung von Pässen und Wahlrecht bis hin zum Schüren von Autonomiebewegungen. Die drei Autoren kommen zwar zu dem Schluss, Orbán halte sich - noch - zum Teil an europäische Normen, aber "Beobachter hätten guten Grund, sich zu fürchten".

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Von Cathrin Kahlweit

Es kommt nicht von ungefähr, dass solche Szenarien kurz vor Putins Besuch publiziert werden. Denn in der EU gilt Orbán als Wackelkandidat, wenn es um eine einheitliche Haltung gegenüber den Russen geht. Nicht nur, weil der Ungar die "illiberale Demokratie" russischer Prägung für ein Erfolgsmodell hält, sondern auch, weil Ungarn Moskau ökonomisch umwirbt.

Der Grund, so Regierungssprecher Zoltán Kovacs: "die totale Abhängigkeit von russischen Energielieferungen". Vor einem Jahr hatte die Regierung in Budapest einen umstrittenen Vertrag mit dem russischen Atomkonzern Rosatom über die Erweiterung des Atomkraftwerks Paks abgeschlossen, das hundert Kilometer südlich der Hauptstadt steht.

Der Vertrag hat nicht nur Kernkraftgegner, sondern auch die EU-Kommission und Korruptionsbekämpfer auf den Plan gerufen. Denn er ist nie öffentlich gemacht worden, Rosatom ist als Generalunternehmer für das komplette Projekt allein verantwortlich, und Budapest will sich vom Kreml für Paks II satte zehn Milliarden Euro leihen. Die Abmachung war bei einem Besuch des Premiers in Moskau 2014 beschlossen worden.

Putin, ein "anerkannter Akteur der europäischen Politik"

Nun also kommt Putin zum Gegenbesuch, wenige Tage nach der zweiten Minsk-Vereinbarung, und Orbán, der die Sanktionen gegen Russland kritisiert hatte, bezeichnete den Gast in seiner wöchentlichen Radio-Sendung am vergangenen Freitag als "umstrittenen, aber auch anerkannten Akteur der europäischen Politik". Ungarn habe nationale Interessen im Zusammenhang mit Russland, unter anderem günstige Bedingungen bei Gaslieferungen und eine Vereinbarung über das Recht Ungarns, russisches Gas auch zu exportieren.

Orbán verwies in seiner Ansprache (die Ungarn nennen sie "Freitagspredigt") aber auch darauf, dass viele Landsleute "emotionale Spannungen" gegenüber Russland empfänden. Das ist mit Blick auf den Besucher vom Dienstag vorsichtig formuliert: Schließlich halfen Truppen des Zaren im ersten großen Aufstand der Ungarn gegen die Habsburger Vorherrschaft 1849, die Rebellion niederzuschlagen. Und, weit präsenter im kollektiven Gedächtnis: der Volksaufstand von 1956, der von der Sowjetarmee brutal beendet wurde.

Die Opposition hatte schon beim Besuch von Angela Merkel vor zwei Wochen, wie bei vielen Demonstrationen zuvor, die Annäherung Orbáns an Putin kritisiert. Weil während der Präsidialvisite die Innenstadt abgesperrt werden soll, wurde für den Montag zum Massenprotest aufgerufen. Unter dem Motto "Putin njet! - Europa ja!" zogen am Abend mehr als 1000 Menschen vom Ost- zum Westbahnhof.

Parallel plant die Gruppe Wakeuphungary eine symbolische "Hochzeits-Prozession" für Putin und Orbán. Bei einem Flashmob trugen Aktivisten wegen der mangelnden Transparenz des Atomdeals mit Russland Regenschirme mit Kernkraft-Symbolen und der Aufschrift: "Orbán, Putin, Geheimnis ".

© SZ vom 17.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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