Die drei Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot erheben schwere Vorwürfe gegen die russische Justiz. In dem umstrittenen Gerichtsverfahren beschwerten sich die drei angeklagten Frauen jetzt über die Haftbedingungen: "Ich kann nicht am Prozess teilnehmen. Wir haben nicht geschlafen und kein Essen bekommen - das ist Folter", sagte Maria Aljochina, 24, der Agentur Interfax zufolge.
Russische Menschenrechtler kritisierten die Zustände in den Untersuchungsgefängnissen des Landes als unwürdig. Die Aktivistinnen, von denen zwei kleine Kinder haben, sitzen seit fünf Monaten in Untersuchungshaft. Das ärztliche Gutachten kommt zu einem anderen Ergebnis. Daraus ginge hervor, dass die Frauen verhandlungsfähig seien, sagte Richterin Marina Syrowa. Sie kündigte aber eine Essens- und Ruhepause an.
Am 21. Februar hatten Pussy Riot mit einer "Punk-Andacht" vor dem Altar der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau die Gottesmutter angefleht, Russland von einem Präsidenten Wladimir Putin zu erlösen. Den Künstlerinnen drohen nun sieben Jahre Haft. Die Anklage wirft ihnen Rowdytum aus religiösem Hass vor. Sie hätten mit ihrem "vulgären" Tanz im Altarraum die Gefühle der Gläubigen beleidigen wollen. Die Verteidigung spricht hingegen von einem politischen Schauprozess, in dem die einflussreiche russisch-orthodoxe Kirche als Mittel zum Zweck genutzt werde.
Alexej Nawalny bloggt gegen Putin, auch er ist angeklagt
Einer der neun Nebenkläger nahm eine Entschuldigung der Frauen an. Der Messdiener bat das Gericht um eine gerechte Entscheidung. Ein zweiter Kirchenangestellter wies die Entschuldigung allerdings als "oberflächlich" und "blasphemisch" zurück. Ultraorthodoxe Gläubige forderten, die Künstlerinnen aus Russland auszuweisen.
Die jungen Mitglieder der Punkband sind nicht die einzigen Putin-Gegner, gegen die die russische Justiz vorgeht. Der prominente Oppositionsführer, Anwalt und Blogger Alexej Nawalny wird angeklagt, vor drei Jahren in seiner Position als Berater den staatlichen Holzbetrieb Kirowles in Kirow um 16 Millionen Rubel betrogen zu haben. Nawalny wurde zwar nicht verhaftet, darf das Land jedoch nicht verlassen. Sollte er verurteilt werden, drohen im zehn Jahre Gefängnis. Die Vorwürfe wies er als "völlig absurd" zurück. Unterstützung erhielt der Oppositionelle nicht nur von der Menschenrechtsorganisation Moskauer Helsinki-Gruppe, sondern auch vom amtierenden Gouverneur von Kirow, Nikita Belych.
Der 36-Jährige Nawalny gehört zu den wichtigsten Organisatoren von Protesten gegen Kremlchef Wladimir Putin. Zudem hat Nawalny mehrfach Korruptionsfälle in staatlichen Stellen aufgedeckt. So beschuldigte er unter anderem vor einigen Jahren den Pipeline-Betreiber Transneft, Milliarden veruntreut zu haben. Erst im Juni 2012 war Nawalny der russischen Staatsmacht ausgeliefert gewesen: Als die Opposition Demonstrationen gegen Putin ankündigte, durchsuchte die russische Polizei die Wohnungen führender Oppositoneller, darunter auch die Nawalnys.