Süddeutsche Zeitung

Bundeswehr:Einsatzbereitschaft des Schützenpanzers "Puma" gefährdet

Die Bundeswehr hat Probleme - und die technischen Mängel machen es Deutschland schwer, seine Bündnisverpflichtungen gegenüber der Nato einzuhalten.

Von Daniel Brössler, Berlin

Der Kanzler wollte keinen Zweifel zulassen. "Unsere Bündnispartner wissen genau: Sie können sich auf uns verlassen", versicherte Olaf Scholz vergangenen Mittwoch im Bundestag. Was der Bundeskanzler zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Neue massive Probleme mit dem Schützenpanzer Puma sorgen in der Bundeswehr für Aufregung. Das ist besonders misslich, weil der Puma fest eingeplant war für die am 1. Januar beginnende deutsche Führung der Nato-Speerspitze, in der Allianz "Very High Readiness Joint Task Force" (VJTF) genannt. Für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), von Scholz im SZ-Interview gerade erst als "erstklassig" gepriesen, bedeutet das neuen Ärger. Für diesen Montag ist ein Krisentreffen in ihrem Ministerium angesetzt.

Am Sonntag sah sich Generalinspekteur Eberhard Zorn dazu veranlasst, auf Twitter zu beruhigen. "Die Verpflichtungen gegenüber der Nato werden wir ab dem 1. Januar 2023 erfüllen", schrieb er. "Wir tun alles für eine schnelle Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der Puma", gelobte Zorn. Zusammen mit Spezialisten der Rüstungsindustrie werde dazu "umgehend" eine Schadensaufnahme in Angriff genommen.

Strack-Zimmermann: "Ganz schnell klären, wo der Fehler liegt"

Der Schaden war Thema einer Brand-E-Mail des Kommandeurs der 10. Panzerdivision, Generalmajor Ruprecht von Butler, an die Führung des Heeres und das Verteidigungsministerium gewesen, über die am Samstag der Spiegel berichtet hatte. Darin unterrichtete von Butler darüber, dass bei einem Training binnen Tagen alle 18 Gefechtsfahrzeuge ausgefallen seien.

Sie kenne noch keine Details, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Süddeutschen Zeitung. Sie erwarte allerdings, dass der Projektleiter, der Generalinspekteur und der Inspekteur des Heeres "ganz schnell klären, wo der Fehler liegt und wie das Problem zu lösen ist. Wir haben schließlich viel Geld in den Puma gesteckt". Das von den Firmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) entwickelte und produzierte Gefechtsfahrzeug war nach Jahren technischer Probleme erst im vergangenen Jahr für gefechtstauglich erklärt worden.

Bundeswehr und Industrie bräuchten jetzt eine ehrliche Bestandsaufnahme, forderte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul. "Mit derartigen technischen Problemen können unsere Bündnisverpflichtungen nie und nimmer eingehalten werden", sagte er der SZ. Insbesondere das Heer stehe vor kaum lösbaren Beschaffungsproblemen, denn weder ein neuer Kampfhubschrauber noch Flugabwehrfähigkeiten stünden absehbar zur Verfügung. "Ein Grund mehr, dass Kanzler Scholz die Personalie Lambrecht überdenken muss", sagte Wadephul.

Die neuen Probleme vor allem mit der Elektronik der Pumas treffen nun die Panzergrenadierbrigade 37, die maßgeblich für die deutsche VJTF-Führung eingeteilt ist. Die Art der Mängel seien der Truppe bereits bekannt gewesen, heißt es in der vom Spiegel zitierten Mail, sie seien "allerdings noch nie in dieser Häufigkeit" aufgetreten. Die Einsatzbereitschaft der Kompanie sei voraussichtlich erst in drei bis vier Monaten wieder hergestellt. Gefüllt werden soll die Lücke offenbar durch den bewährten Schützenpanzer Marder.

Nach der Pannenserie beim Schützenpanzer Puma sollen Vertreter der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie an diesem Montag über das weitere Vorgehen beraten. An dem Gespräch soll auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) teilnehmen.

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