Lutz Bachmann bat um einen "Riesenapplaus", als Nino K. im Juli 2015 zur Pegida-Demonstration die Bühne betrat. Der las einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel vor. Unter dem Gejohle der Pegida-Anhänger bezeichnete er sie als "Volksverräterin", sprach von "faulen Afrikanern", die angeblich die Sozialkassen plündern ( zum Video). Und von der Vernichtung "unserer christlich-deutschen Kultur". Seine Rede schloss Nino K. mit der Formulierung, dass Merkel "keine Gnade erhalten" werde. Bachmann dankte ihm anschließend für die "starken und deutlichen Worte".
Nun hat vor dem Landgericht in Dresden der Prozess gegen den 31-Jährigen mit der Verlesung der Anklageschrift begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord und schwere Brandstiftung vor. Am 26. September 2016 soll Nino K. einen Sprengsatz vor der Fatih-Moschee im Dresdner Westen gezündet haben. Der Imam und seine Familie, die sich zur Tatzeit im Gebäude befanden, blieben unverletzt. Wenig später explodierte ein Sprengsatz am Kongresszentrum, wo wenige Tage später anlässlich der Feierlichkeiten zum "Tag der Deutschen Einheit" ein Empfang stattfand.
Er wirkte wie ein unauffälliger Normalbürger
Mehr als ein Jahr liegt zwischen der Rede bei Pegida und den Taten. Nino K. hat keine Vorstrafen, nicht mal einen Eintrag im Verkehrsregister. Bis auf seinen Auftritt in Dresden wirkte er wie ein unauffälliger Normalbürger. Der Angeklagte habe aus Geringschätzung gegenüber Ausländern und Menschen mit muslimischen Glauben gehandelt, heißt es in der Anklageschrift. "Durch die Anschläge wollte er die Vertreibung von Muslimen erreichen." Außerdem habe er ein Zeichen gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung setzen wollen.
Im Sommer 2016 soll Nino K. unter Pegida-Sympathisanten nach Mitstreitern gesucht haben. Doch niemand wollte sich ihm anschließen. Laut Staatsanwaltschaft begann er Ende August mit der Herstellung von Sprengsätzen. Den Anschlag auf die Moschee soll er präzise geplant haben. K. wohnte nur wenige Meter von dem Gebäude entfernt. Aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft wusste er genau, dass sich in der Moschee auch eine Wohnung befindet. Am Abend der Tat soll ein Lichtschein zu sehen gewesen sein. K. habe sich davon nicht abhalten lassen und den Sprengsatz dennoch vor der Eingangstür des Gebäudes platziert. Für die Anklage ein Indiz dafür, dass K. den Tod von Menschen in Kauf nahm.
Weitere Anschläge geplant
Bei dem Sprengsatz handelte es sich um einen Papierkorb, in dem sich drei Rohrbomben befanden. Diese waren wiederum mit scharfkantigen Metallstücken gefüllt. Einer der Sprengsätze war mit einer Zeitschaltuhr verbunden. Um 21.48 Uhr kam es zur Explosion. Zu dieser Zeit soll sich der zehnjährige Sohn des Imam in der Nähe der Eingangstür aufgehalten haben. Diese wurde von der Wucht nach innen gedrückt. Dass es nicht zu Verletzten oder Toten kam, führt die Staatsanwaltschaft auf eine Fehlfunktion des Sprengsatzes zurück. Zwei Rohrbomben explodierten nicht, sondern wurden fortgeschleudert. Nach der Explosion an der Moschee soll Nino K. mit seinem Motor-Roller zum Kongresszentrum gefahren sein, um den nächsten Sprengsatz zu zünden.
Nach den Taten gab es wochenlang keine Spur vom Täter. Die Polizei veröffentlichte Bilder einer Überwachungskamera. Auf ihnen ist ein Mann mit Motorradhelm zu sehen, offenbar Nino K. In Panik vor seiner Entdeckung soll K. weitere Sprengsätze weggeworfen haben. Als er sich in Sicherheit wog, plante er laut Staatsanwaltschaft weitere Anschläge. Schließlich führten die Ermittler DNA-Spuren auf den Sprengsätzen zu Nino K. Am 8. Dezember 2016 wurde er fest genommen. Gegenüber der Polizei verweigerte er die Aussage. Auch im Gerichtssaal wollte er nichts zu den Taten sagen. Den Schilderungen des Staatsanwalts folgte er teilnahmslos.
Für den Prozess sind 14 Verhandlungstage anberaumt. Am 5. Februar sollen die ersten Zeugen auftreten. Es ist ein Montag - an diesem Tag wird in Dresden wieder Pegida demonstrieren.