Prozess um Geheimagent:Ex-Geheimagent Mauss darf ein wenig aufatmen

Prozess gegen Ex-Geheimagent Mauss

Ex-Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer (CDU) kommt im Landgericht in Bochum zu seiner Zeugen-Aussage.

(Foto: dpa)

Vor Gericht tritt der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer als Kronzeuge der Verteidigung auf - und der deutet an, woher das Geld aus Mauss' "Treuhandfonds" stammen könnte.

Von Ralf Wiegand

Für gut drei Stunden waren sie noch einmal ein Team, der frühere Geheimdienst-Koordinator der Bundesregierung, Bernd Schmidbauer (CDU), und dessen Mann fürs Besondere, der ehemalige Undercover-Agent Werner Mauss. Der heute 76-Jährige muss sich vor dem Bochumer Landgericht gegen den Vorwurf verteidigen, mehr als 15 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben.

Schmidbauer, 77, diente der Verteidigung nun als eine Art Kronzeuge: Er habe Kenntnis von einer "internationalen Finanzreserve", mit der die Einsätze von Werner Mauss in aller Welt bezahlt worden seien, sagte Schmidbauer am Montag vor Gericht. Auch die möglichen Geldgeber grenzte er durch Beschreibung so ein, dass sie zu identifizieren waren: Israel und USA. "Wenn sie die nennen, kann ich dem nicht widersprechen", sagte Schmidbauer, als die Mauss-Anwälte seine Andeutungen in Klartext übersetzt hatten.

Demnach war es so, dass er, Schmidbauer, Anfang der 1990er-Jahre vom damaligen Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gerhard Boeden, über die Existenz einer "früheren Reserve" zur Finanzierung von Mauss informiert worden sei. Boeden habe ihm Mauss auch empfohlen, zu dem er selbst dann im Lauf der Jahre ein sehr vertrauensvolles Verhältnis entwickelt habe.

Diese "Reserve" sei identisch mit dem Begriff "Treuhandfonds", den Mauss selbst verwendet. Der Agent behauptet, dass das Vermögen, auf dessen Erträge er unrechtmäßig keine Steuern gezahlt haben soll, gar nicht ihm gehöre. Er behauptet, verschiedene westliche Geheimdienste hätten 1985 in Panama ein Konto für ihn mit 23 Millionen Dollar eingerichtet und ihm, Mauss, treuhänderisch für seine Arbeit überlassen.

Mauss transferierte das Vermögen in verschiedene Länder

Das Geld, auf das die Steuerbehörden durch den Ankauf einer Schweizer Steuer-CD aufmerksam geworden waren, gehöre nicht ihm, es handele sich um ausländisches Treuhandvermögen und müsse daher nicht versteuert werden. Darauf basiert Mauss' Verteidigung. Wer den Fonds kontrolliert, wem er bei Geldanlagen Rechenschaft schuldig ist, an wen das Treuhandgeld zurückfällt, wenn er außer Dienst gestellt wird oder zum Beispiel stirbt, sagte Mauss mit dem Verweis auf seine Geheimhaltungspflicht bisher nicht.

Mauss transferierte das Vermögen im Lauf der Jahre in verschiedene Länder, legte es in hochriskanten Papieren an, gründete Stiftungen und transferierte das Vermögen zuletzt in eine sehr rentable Lebensversicherung zu Gunsten seiner Familie. Er baute sein privates Anwesen im Hunsrück zu einer festungsartigen Villa aus, unterhielt Privatflugzeuge, schaffte teure Sportwagen an. Alles Tarnung, sagt Mauss. Alles sein Privatvermögen, behauptet die Staatsanwaltschaft. Sie wirft ihm besonders schwere Steuerhinterziehung vor.

Bernd Schmidbauer, der unter Bundeskanzler Helmut Kohl im Kanzleramt als Staatsminister wirkte und in dieser Funktion die deutschen Geheimdienste koordinierte, zeichnete vor Gericht von Mauss das Bild eines fähigen Agenten. "Mich haben immer die Ergebnisse interessiert", sagte Schmidbauer, und die seien gut gewesen. Die Finanzierung über internationale Geldgeber sei notwendig gewesen, weil es zuvor große Diskussionen - und Untersuchungen im Bundestag - zur Verwendung von Mauss, zu dessen Bezahlung und etwa zur Zahlung von Lösegeld bei internationalen Geiselnahmen gegeben habe.

Neun Millionen Euro als Sicherheit für das Finanzamt

"Nicht gerade die feinsten Methoden" seien dann eingesetzt worden, um Mauss ohne Belastung der deutschen Steuerzahler - und ohne Kontrolle der deutschen Gremien - einzusetzen. Es seien aber Methoden gewesen, so Schmidbauer, "die dafür gesorgt haben, dass die Mittel da ankamen, wo sie hin sollten". Beispielhaft nannte er medizinisches Gerät im Wert von zwei bis drei Millionen Dollar, das im Zusammenhang mit den Friedensbemühungen mit kolumbianischen Rebellen in das südamerikanische Land geliefert worden seien. Die Aktion sei von deutschen Diensten unterstützt worden, das Geld für die Geräte aber stamme aus dem internationalen Mauss-Fonds. Auch auf den Philippinen sei so operiert worden.

Schmidbauer, der sich 1998 offenbar um die Kinder von Mauss kümmerte, als der Agent und seine Frau in Kolumbien vorrübergehend in Haft gerieten ("eine schlimme Nachricht, nachts um vier Uhr"), bestätigte auch die Behauptung von Mauss, der frühere Chef des Bundeskriminalamtes, Gerhard Boeden, habe den Fonds initiiert. Er sei "überzeugt davon", dass es darüber beim BKA Unterlagen geben müsse, Boeden habe damals in dieser Sache "nicht im Verborgenen agiert". Auf Anfrage der SZ noch am gestrigen Montag hieß es allerdings seitens der Behörde, der Vorgang sei dort "nicht bekannt".

Mauss sagte am Montag: "Ich habe keine Steuern hinterzogen, ich bin steuerehrlich." Er habe stets das Verbrechen bekämpft und könne schon deshalb nicht "Teil eines Verbrechens" sein, und das werde er auch beweisen. Er arbeite daran, dass bald ein Mitglied der Fonds-Gründer vor Gericht aussagen und seine Aussagen bestätigen wird. Das allerdings stellt der prominente Angeklagte schon seit Prozessbeginn im September in Aussicht.

Vorläufig hat Mauss als Sicherheit knapp neun Millionen Euro ans Finanzamt Essen überwiesen. Das Geld ging Anfang Januar dort ein, angeblich, so Mauss, hätten die ominösen Treuhandgeber erlaubt, dass es aus deren Mitteln genommen wird. Den Vorsitzenden Richter Markus van den Hövel wunderte das: "Nach Ihrer Darstellung ist dieses Vermögen doch gar nicht steuerpflichtig, und jetzt wird ausgerechnet von diesem Geld ein Teil der Steuerschuld bezahlt?" Van den Hoevel sagte, es sei sogar für den Prozess irrelevant, ob der Fonds damals wirklich gegründet wurde oder nicht - entscheidend sei, ob Mauss belegen könne, dass es sich bei den Vermögenserträgen der Jahre 2002 bis 2012, die vor Gericht verhandelt werden, nicht um sein Geld handelte.

Der Prozess wird voraussichtlich noch lange dauern, die Verteidigung beantragte auch am Montag die Vernehmungen weiterer Zeugen. Aussagen soll auch ein Mann, der nicht nur als Beamter des BKA über die Verwendung des Privatagenten Mauss im Auftrag von Bundesbehörden Auskunft geben könne. Der Mann habe auch 30 Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Bundeskriminalamt noch Verbindung zu Mauss.

Immer wieder hat er hohe Geldzahlungen von Mauss erhalten, 2013 etwa 20 000 Euro. Das Geld, erklärte Mauss am Montag dem staunenden Gericht, habe er dem Kriminalbeamten a.D. dafür gezahlt, dass unter dessen Namen - und bis heute - die Mobiltelefone von Mauss angemeldet seien. Der BKA-Mann a.D. habe mit dem Geld die Telefonrechnungen beglichen; Mauss betreibt nach eigenen Angaben zehn solcher getarnter Handys.

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