Prozess:Seenotretter ohne Dokumente

Der deutsche Kapitän Claus-Peter Reisch gerät vor Gericht in Malta in Bedrängnis: Ein von der Staatsanwaltschaft bestellter Gutachter bestätigt, dass Reisch die notwendigen Papiere nicht an Bord der "Lifeline" gehabt hat.

In Malta ist der Prozess gegen den Kapitän des deutschen Seenotrettungsschiffs Lifeline, Claus-Peter Reisch, am Montag fortgesetzt worden. Bei der Anhörung bekräftigte in der Hauptstadt Valletta ein Gutachter die Vorwürfe gegen den 57-Jährigen aus Landsberg am Lech. So hätten die nötigen Dokumente für Seenotrettung nicht an Bord vorgezeigt werden können, meldete die Tageszeitung Malta Today online. Die Besatzung der Lifeline habe keinen Nachweis erbracht dafür, dass sie bei den niederländischen Schifffahrtsbehörden registriert sei. Damit sei das Schiff der Dresdner Hilfsorganisation "Mission Lifeline" staatenlos. Reisch habe angegeben, die verlangte Dokumentation sei für Vergnügungsschiffe nicht erforderlich. Die Lifeline ist laut Angaben der niederländischen Regierung in den Niederlanden nur in einem Wassersportverband registriert, was nicht mehr als einen Eigentumsnachweis bedeute. Der Gutachter führte in Valletta am Montag weiter aus, als Führer eines Vergnügungsschiffes dürfe ein Kapitän dieses im Mittelmeer nur in einer 30-Seemeilen-Zone vor der Küste steuern. Die Vorwürfe gegen ihn bezeichnete Reisch im ZDF als haltlos.

Ein Urteil könnte im September fallen

Der Prozess gegen ihn begann am 2. Juli, Reisch droht bei einer Verurteilung wegen fehlerhafter Registrierung des Schiffs bis zu einem Jahr Haft oder etwa 12 000 Euro Geldstrafe. Die Ermittlungen gegen ihn wurden eingeleitet, als die Lifeline am 27. Juni Malta mit 234 vor Libyen geretteten Flüchtlingen an Bord angelaufen hatte. Das Schiff hatte fast eine Woche auf See darauf warten müssen, einen Hafen anlaufen zu dürfen, nachdem Italiens Regierung dies der Lifeline und anderen Rettungsorganisationen untersagt hatte. Maltas Behörden beschlagnahmten das Rettungsschiff, es liegt dort weiterhin fest.

Reisch präsentierte bei der Verhandlung in Valletta am Montag den "Europa-Preis", den ihm die bayerische SPD vor einigen Tagen für seinen Einsatz zur Rettung von mindestens 450 Schiffbrüchigen verliehen hat. Die Verhandlung gegen ihn soll am 23. August in Malta weitergehen, inzwischen darf Reisch, für den Kaution hinterlegt ist, nach Deutschland reisen. Wie es in Malta hieß, könnte das Urteil in dem Fall im September gesprochen werden.

In einem Video, das Mission Lifeline zur Verfügung stellte, sagte der Kapitän: "Die Verteidigung macht Druck, und auch der Richter will, glaube ich, den Fall schnellstmöglich vom Tisch haben." Derzeit werden in Malta und in Italien vier Schiffe von privaten Seenotrettungsorganisationen am Auslaufen gehindert.

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