Süddeutsche Zeitung

Prozess in Italien:23 CIA-Agenten verurteilt

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Mehrjährige Haftstrafen: Der Prozess wegen der Verschleppung des islamistischen Imams Abu Omar in Italien hat mit einem Schuldspruch für fast alle Angeklagten geendet.

Andrea Bachstein, Rom

Wegen der Verschleppung des islamistischen Imams Abu Omar hat ein Gericht in Mailand am Mittwoch 23 Amerikaner zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Verurteilten alle Mitarbeiter des Geheimdienstes CIA waren.

Der Ägypter Mustafa Hassan Nasr, genannt Abu Omar, war am 17.Februar 2003 in Mailand auf offener Straße entführt worden. Die Aktion soll Teil eines CIA-Programms zur geheimen Entführung von Terrorverdächtigen gewesen sein, sogenannter secret renditions.

Der US-Geheimdienst überstellte auf diese Weise in der Regierungszeit von Präsident George W.Bush Terrorverdächtige vorbei an Gesetzen und Behörden an andere Staaten. Abu Omar wurde nach Ägypten gebracht. Der Flug führte vom Stützpunkt Aviano in Norditalien über den amerikanischen Militärflughafen Ramstein in Deutschland nach Ägypten.

Diplomatische Immunität

Die Verurteilten waren im Prozess nicht anwesend. Italien betrachtet sie als flüchtig, verlangt aber bisher nicht ihre Auslieferung. 22 der Angeklagten erhielten Strafen von je fünf Jahren Haft. Der seinerzeitige CIA-Stationschef in Mailand, Robert Seldon Lady, wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der damalige CIA-Chef in Italien und zwei weitere CIA-Leute entgingen aufgrund ihrer diplomatischen Immunität dem Verfahren.

Ebenfalls wegen der Entführung angeklagt waren der Chef des italienischen Militärgeheimdienstes Sismi, Nicola Pollari, sowie sein Stellvertreter Marco Mancini. Der Staatsanwalt hatte für sie 13 Jahre beziehungsweise zehn Jahre Haft beantragt. Die Sismi-Chefs wurden jedoch nicht verurteilt. Der Richter Oscar Magi entschied, sie seien nicht zu belangen, weil das Staatsgeheimnis gewahrt bleiben müsse. Pollari sagte zu dieser Entscheidung: "Ohne Staatsgeheimnis hätte ich meine Unschuld bewiesen." Zwei weitere Sismi-Mitarbeiter wurden aber wegen Begünstigung der Entführung zu drei Jahren Haft verurteilt.

Wie inzwischen bekannt ist, hatte die CIA nach den Anschlägen des 11.September 2001 weltweit Terrorverdächtige in ihre Gewalt gebracht und sie in Drittländer oder geheime Gefängnisse verschleppt.

Dabei hatte sie auch Überflugrechte und Landeplätze in anderen Staaten benutzt. Unter anderem wegen des Fluges, mit dem Abu Omar transportiert wurde, hatte sich Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor dem BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags rechtfertigen müssen. Er war zu fraglichen Zeit Kanzleramtschef und sagte, die Bundesregierung sei über die Praxis der CIA nicht informiert gewesen. Er habe nichts von diesen Flügen gewusst.

Heikles Verfahren

Es ist das erste Urteil weltweit wegen des berüchtigten Geheimprogramms der CIA. Das Verfahren war in Italien politisch extrem heikel, auch wegen der mutmaßlichen Beteiligung des Geheimdienstes Sismi. Staatsanwalt Armando Spataro hatte trotz des Widerstandes verschiedener italienischer Regierungen an den Ermittlungen festgehalten und Anklage erhoben.

Es gab Versuche, ihn wegen Geheimnisverrats anzuklagen. Sein Ausgangspunkt war die Aussage einer Zeugin, die beobachtet hatte, wie Abu Omar von westlich aussehenden Männern in einen Lieferwagen gezerrt worden war. Abu Omar, der seit 2007 wieder frei ist, hat ausgesagt, er sei in der Haft gefoltert worden. Das Gericht sprach ihm das Recht auf Schadenersatz zu.

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Quelle:
SZ vom 5.11.2009
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