Prozess gegen Thyssen-Manager:Gleiches Muster, schwieriger Beweis

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Die 10. Strafkammer des Landgerichts Augsburg ist mit dem Stoff, der im Fall des Max Josef Strauß zu verhandeln ist, gut vertraut. 46 Verhandlungstage lang hatte sich die Kammer mit einem ähnlichen Fall beschäftigt.

Von Hans Leyendecker

Auch damals ging es um Freunde von Karlheinz Schreiber, die der Kaufmann mit Barem ausstaffiert haben soll. Am 23. Juli 2002 verurteilte das Gericht den ehemaligen Thyssen-Manager Jürgen Maßmann, 60, wegen Steuerhinterziehung und Untreue zu fünf Jahren Haft, sein Kollege Winfried Haastert, 62, erhielt wegen der gleichen Delikte zwei Jahren und vier Monate. Maßmann soll illegal 10,875 Millionen Mark und Haastert 1,49 Millionen von Schreiber kassiert haben. Beide bestreiten die Vorwürfe bis heute. Die Manager, die auch mit Max Strauß bekannt sind, sollen auch in dessen Prozess als Zeugen aussagen.

Der Verdacht gegen Maßmann und Haastert war ähnlich wie im Fall Strauß. Schreiber hatte auf sich oder den Namen seiner Frau in der Schweiz Bankkonten und Unterkonten mit Rubrikbezeichnungen eingerichtet. "Holgart" beispielsweise soll der seit Juli 1999 flüchtige ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Ludwig Holger Pfahls, gewesen sein.

Das Rubrikkonto "Waldherr" konnten die Ermittler dem früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep zuordnen, der von Schreiber nachweislich eine Million Mark in bar erhalten hatte. "Jürglund" soll für Jürgen Maßmann stehen, "Winter" für Winfried Haastert. In einem Kalender Schreibers fanden die Ermittler Eintragungen mit ähnlichen oder gleichen Rubriknamen, die mit den Bezeichnungen der Rubrikkonten zu korrespondieren scheinen.

220 Millionen Schmiergeld

Maßmann war bei Thyssen nach Feststellungen der Kammer die treibende Kraft beim Verkauf von "Fuchs"-Spürpanzern nach Saudi-Arabien 1991. Als Lobbyisten hatte das Unternehmen Schreiber eingesetzt, der in Bonner Ministerien dafür sorgen sollte, dass der umstrittene Export des Panzers in ein Krisengebiet genehmigt werde. Bei dem Deal zahlte Thyssen insgesamt 220 Millionen Mark Schmiergeld, 24 Millionen davon soll Schreiber erhalten haben.

Maßmann wiederum, so das Gericht in seinem Urteil, habe auch die Verbindungsstellen in Saudi-Arabien gekannt, "die geschmiert werden mussten, um zum Erfolg zu kommen". Später habe er von Schreiber seinen Anteil an den Provisionen erhalten, so dass er über diesen Umweg im Ergebnis knapp 11 Millionen Mark aus der Kasse seines eigenen Unternehmens bekommen habe. Haastert war nur am Rande mit dem Panzergeschäft beschäftigt und soll die Provision im Wesentlichen erhalten haben, weil er als Vorstandsvorsitzender von Thyssen-Henschel für Schreiber wichtig gewesen sei.

Das schriftliche Urteil umfasst 229 Seiten. Die Verurteilten haben dagegen Revision eingelegt. Maßmann hat den Revisionsspezialisten Gunter Widmaier an seiner Seite, einen der Großen auf diesem juristischen Spezialgebiet. Das Verfahren gegen Maßmann und Haastert zeigt - und das gilt vermutlich auch für den Strauß-Prozess -, wie schwierig die Beweisführung ist. Das Hauptproblem für das Gericht bestand darin, dass weder "Jürgland", noch "Winter", einem der Beschuldigten zugeordnet werden konnten. Es handelte sich unstreitig um Konten von Schreiber.

In Russland verspekuliert

Doch weder auf Konten von Maßmann noch von Haastert konnte das Gericht Zahlungseingänge feststellen, die in Zusammenhang mit den Rubrik-Konten standen. Alle Schlussfolgerungen der Richter beruhen auf Indizien.

Mitglieder der Familie Strauß und Freunde von Maßmann haben in den vergangenen Monaten europaweit Recherchen angestellt. Danach soll Schreiber angeblich mehr als neun Millionen Mark, die auf dem "Jürglund"-Konto waren und vom Gericht Maßmann zugerechnet wurden, für Projekte in Russland eingesetzt und sich verspekuliert haben. Bislang dem Gericht nicht bekannte Banküberweisungen sollen dies belegen.

Wichtige Unterlagen sollen aus Liechtenstein stammen. Im Maßmann-Haastert-Prozess hatte das Gericht den Antrag eines Verteidigers, Schreibers Kontounterlagen in Liechtenstein beschlagnahmen zu lassen, abgelehnt. Damit sollte bewiesen werden, wer Geldempfänger des Kontos "Jürglund" gewesen sei. Dies sei, so steht es im Urteil, "für die Entscheidung ohne Bedeutung." Im Strauß-Fall hat nun ausgerechnet die Verteidigung die Staatsanwaltschaft aufgefordert, "im Wege der Rechtshilfe" Erkenntnisse über das angebliche Strauß-Konto in Liechtenstein zu gewinnen.

(SZ vom 10./11. Januar 2004)

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