Prozess gegen "Pussy Riot":Putin gibt sich milde

Überraschend äußert sich Russlands Präsident "weicher" als bisher: Die Punk-Rockerinnen von "Pussy Riot" sollten nicht zu hart bestraft werden, findet Putin. Die Verteidigung deutet das als möglichen "Wendepunkt" im Strafprozess gegen die Musikerinnen.

Kremlchef Wladimir Putin hat sich nach Protesten gegen den Moskauer Prozess um die Punkband "Pussy Riot" gegen eine zu harte Strafe für die drei angeklagten Frauen ausgesprochen. "Ich denke, das Urteil sollte nicht zu hart ausfallen", sagte der Staatschef laut russischen Nachrichtenagenturen am Donnerstagabend während eines Besuchs in London. Die drei jungen Frauen hätten ihre Lektion gelernt.

Prozess gegen Pussy Riot

Mildere Strafe für "Pussy Riot"? Präsident Putin hat sich gegen ein hartes Urteil für die Punkband ausgesprochen.

(Foto: dpa)

Die Verteidigung sprach in Moskau von einem möglichen "Wendepunkt" im Verfahren. Überraschend habe sich Putin nun milder als zuletzt geäußert, sagte der Anwalt Nikolai Polosow. "Das könnte mit Druck von außen zusammenhängen oder von innen heraus kommen", sagte er. Zwar kritisieren Kremlgegner immer wieder die politische Einmischung in laufende Verfahren in Russland. Dies könne aber ein positives Signal sein, sagte Polosow. Die Verteidigung werde am Ende nur einen Freispruch akzeptieren.

Den Punk-Rockerinnen wird vorgeworfen, Ende Februar die orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale gestürmt und Putin von der Kanzel herab verunglimpft zu haben. Ihnen drohen wegen "Hooliganismus aus religiösem Hass" bis zu sieben Jahre Haft. Das Vorgehen der russischen Behörden, insbesondere die seit Monaten andauernde Inhaftierung der Frauen, ist international scharf kritisiert worden.

Putin verweist auf härtere Strafen an anderen religiösen Orten

Zugleich kritisierte Putin die Punk-Rockerinnen erneut: Ihre Protestaktion "war nicht gut", sagte er. Es hätte ihnen dafür eine wesentlich härtere Strafe gedroht, hätten sie diese an einem heiligen Ort in Israel dargeboten - sogar die Todesstrafe, wenn sie im nördlichen Kaukasus Russlands an einem muslimischen Ort aufgetreten wären. "Wenn sie irgendeinen heiligen muslimischen Ort damit entweiht hätten, wäre uns nicht einmal die Zeit geblieben, sie festzunehmen", sagte Putin weiter. Die Entscheidung sei aber Sache der Justiz. "Ich hoffe, das Gericht wird zu einem richtigen, gut begründeten Urteil kommen", fügte der studierte Jurist Putin hinzu.

Ebenfalls am Donnerstag hatten zahlreiche britische Rockstars Russland zu einer Einstellung des Prozesses aufgerufen. Pete Townshend von der Gruppe The Who, Pulp-Sänger Jarvis Cocker, Neil Tennant von den Pet Shop Boys sowie die Musikerinnen Kate Nash und Martha Wainwright veröffentlichten in der Zeitung The Times einen offenen Brief, in dem sie die Freilassung der Frauen fordern. Der Auftritt in der wichtigsten Moskauer Kathedrale sei eine legitime Protestaktion gewesen.

Der Brief erschien während des Aufenthalts Putins in London. Das russische Staatsoberhaupt war nach London gereist, um den britischen Premierminister David Cameron treffen und die Olympischen Spiele zu besuchen.

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