Prozess gegen NGO-Mitarbeiter:Ägypten erlaubt Angeklagten die Ausreise

Gegen eine Kaution von einer Viertelmillion Euro konnten angeklagte westliche NGO-Mitarbeiter Ägypten verlassen - auch die beiden deutschen Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das Verfahren gegen sie wurde offenbar aus politischen Gründen eingestellt, alle Richter legten ihr Amt nieder.

Tomas Avenarius, Kairo

Das Gerichtsverfahren gegen Mitarbeiter deutscher und amerikanischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wird offenbar aus politischen Gründen von der ägyptischen Führung in Frage gestellt. Alle drei Richter im Prozess gegen die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) sowie vier US-Organisationen legten ihr Amt ohne Angaben von Gründen nieder.

NGO-Mitarbeiter am Kairoer Flughafen

Nach Aufhebung des Reiseverbots: NGO-Mitarbeiter warten am Kairoer Flughafen auf die Ausreise.

(Foto: dpa)

Eine offizielle Bestätigung für politische Einflussnahme auf die Justiz des Landes gibt es zwar noch nicht. Gleichzeitig wurde aber bekannt, dass das Ausreiseverbot für Mitarbeiter der betroffenen Stiftungen aufgehoben wurde. Verantwortliche am Flughafen in Kairo sollen die Anweisung erhalten haben, die Angeklagten ausreisen zu lassen.

Wie Verteidiger Tharwat Abdel Schaheed mitteilte, dürfen die wegen illegaler Annahme von Geld aus dem Ausland und Anstiftung zu Unruhen Angeklagten das Land gegen Hinterlegung einer Kaution von umgerechnet 250.000 Euro verlassen. Die beiden angeklagten deutschen KAS-Mitarbeiter verließen nach Angaben der Stiftung am Donnerstagabend das Land mit einem Flugzeug in Richtung Zypern.

Somit scheint der Weg offen für eine Lösung, bei der das Verhältnis Ägyptens zu den USA und zu Deutschland nicht belastet wird, die Justiz aber das Gesicht wahrt. Die Sicherheitskräfte hatten im Dezember die Büros zahlreicher NGOs durchsucht und Computer sowie Dokumente beschlagnahmt. Der Prozess wurde vergangenen Sonntag direkt nach Beginn vertagt.

Am Dienstag zogen sich alle drei Richter zurück. Unter Berufung auf einen Justizmitarbeiter berichtete die Nachrichtenagentur AP, die Richter hätten sich "unwohl gefühlt" mit dem Verfahren, das die Beziehungen zwischen den USA und Ägypten belastet. Nun müssen neue Richter bestallt werden; theoretisch könnte das Verfahren niedergeschlagen werden.

Obama droht mit Stopp der Militärhilfe

Das Verfahren gegen die beiden Mitarbeiter der KAS und insgesamt 19 Mitarbeiter von vier US-Organisationen belastet Kairos Verhältnis sowohl zu Washington als auch zu Berlin. US-Präsident Barack Obama hatte sogar mit dem Stopp der US-Militärhilfe für Ägypten in Höhe von jährlich 1,3 Milliarden Dollar gedroht.

Den angeklagten Vertretern der Organisationen, die im Bereich der politischen Bildung und Förderung von Meinungsfreiheit arbeiten, werden verschiedene Vergehen zur Last gelegt. So sollen sie Parteien mit Geld unterstützt haben. In der Summe laufen die Vorwürfe auf das Schüren öffentlicher Unruhe im nach-revolutionären Ägypten hinaus.

Bei den Stiftungen handelt es sich neben der KAS um die Parteienstiftungen der US-Republikaner und der US-Demokraten, um die Pro-Demokratie- Organisation Freedom House und um ein Institut für Journalistenausbildung und Medienfreiheit. Sie arbeiteten mit ägyptischen NGOs zusammen; einige Mitarbeiter der ägyptischen NGOs sind ebenfalls angeklagt.

Die internationalen Organisationen hatten zwar keine ägyptische Lizenz als NGO. Zumindest die KAS arbeitete aber seit Jahrzehnten mit offizieller Billigung der Kairoer Führung im Land; die KAS hatte zudem ein Abkommen mit einem ägyptischen Ministerium.

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