Prozess gegen Franco A.:Verteidiger fordern Bewährung, Richter rollen mit den Augen

Prozess gegen Franco A.: Bei Prozessbeginn wollte er noch zurück zur Bundeswehr, zu Prozessende will er nur noch Hausmann sein: Angeklagter Franco A.

Bei Prozessbeginn wollte er noch zurück zur Bundeswehr, zu Prozessende will er nur noch Hausmann sein: Angeklagter Franco A.

(Foto: Thomas Lohnes/DPA)

Am vorletzten Tag im Prozess gegen den Bundeswehroffizier Franco A., dem Terrorplanung vorgeworfen wird, kommt es zu einem denkwürdigen Plädoyer der Verteidigung.

Von Annette Ramelsberger, Frankfurt

Es ist der vorletzte Tag in diesem langen Prozess, es ist der Tag der Verteidigung, es ist der Tag des Angeklagten. Er hat sein letztes Wort - auch wenn er es an Worten in den vergangenen 13 Monaten nicht hat fehlen lassen. Geredet hat Franco A. immer viel, nur gesagt hat er wenig. Seine Verlobte ist in den Saal gekommen, auch seine Mutter und ein Freund, bei dem er seine Waffen gebunkert hatte.

Der Bundeswehroffizier Franco A., 32, ist angeklagt, im Jahr 2017 einen Terroranschlag auf Politiker geplant zu haben, die sich für Flüchtlinge einsetzten. Zudem hatte er mehrere Waffen, darunter auch Kriegswaffen, gehortet, laut Anklage mehr als 1000 Schuss Munition bei der Bundeswehr abgezweigt und sich als syrischer Flüchtling verkleidet und so staatliche Unterstützung erlangt. Doch am schwersten wiegt der Terrorvorwurf.

Es ist nun seine letzte Chance, das Gericht davon zu überzeugen, dass alles nicht ernst gemeint war. Und dann geschieht etwas Erstaunliches. Seine Verteidiger legen sich ins Zeug: "Eine Summe von Merkwürdigkeiten macht noch keinen Terroristen", sagt der eine. "Ich bin davon überzeugt, dass mein Mandant keine mörderischen Pläne hatte", sagt der andere. Der Angeklagte hört diesmal ganz still zu. Dann sagt er nur fünf Sätze: Dass er schmerzliche Erfahrungen gemacht habe in diesem Verfahren und nun drei Kinder habe, die Zuwendung brauchten. Wenn er gefragt werde, was er für die Zukunft vorhabe, dann sage er: "Hausmann und Vater". Zu Beginn des Prozesses vor einem Jahr hatte Franco A. noch davon geträumt, zur Bundeswehr zurückzukehren.

Die Bundesanwaltschaft hat eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten gefordert. Die Verteidigung plädiert auf Bewährung. Das geht nur, wenn die Strafe nicht höher ist als zwei Jahre.

Verteidiger sehen A. als Schwafler - oder Freiheitskämpfer

Erstaunlich ist, wie unterschiedlich die beiden Anwälte von Franco A. agieren. Verteidiger Johannes Hock spricht wie ein väterlicher Freund. Die Fahrt des Angeklagten im Februar nach Straßburg, wo ein Bundeswehrkamerad für ihn Nazi-Orden bunkerte? "Ein blödsinniger Trip", sagt Hock. Nach diesem Trip hatte das Gericht Franco A. wieder in Untersuchungshaft genommen. Seine Aufzeichnungen über einen möglichen Anschlagsplan? Da fehle alles, Fluchtmöglichkeiten, Plan B. Auf jeden Fall sei das kein Masterplan, sagt Hock. Und all das Gerede von Revolution und Aufstand? "Untaugliches Geschwurbel und Gesinnungsschwafelei". Die Schwächen des Mandanten reichten aber nicht aus, um ihn zu verurteilen. Hock warnt vor einer Gesinnungsjustiz.

Sein Kollege David Schmitt-Fricke geht anders heran, so anders, dass am Ende die Richter die Augen rollen. Für diesen Verteidiger ist Franco A. eine Art Freiheitskämpfer, der "staatliches Unrecht" in der Flüchtlingskrise sichtbar gemacht habe, indem er nachwies, wie leicht es ist, als falscher Geflüchteter anerkannt zu werden. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist für ihn ein "Woke-Tribunal", in dem es darum gehe, die Gesinnung des Angeklagten zu prüfen. Der Vorsitzende Richter unterbricht ihn kurz, mit dem Wort "Woke" im Zusammenhang mit dem Prozess kann er nicht sofort etwas anfangen, mit dem Wort Tribunal schon.

Dann wirft der Anwalt dem Gericht auch noch vor, es habe der früheren Bundeskanzlerin, die Israels Sicherheit zur deutschen Staatsräson erklärt hatte, "Unfehlbarkeit" attestiert. Um Angela Merkel und um Israel ging es in diesem Prozess gar nicht, aber um Antisemitismus, den der Angeklagte immer wieder geäußert hatte. Am Ende sagt Schmitt-Fricke noch: "Regierungsgegner verschwinden hinter dem Mond oder in Bunkern, und dieses Land heißt nicht Nordkorea, sondern Deutschland."

Aber da schütteln die Richter längst nur noch ungläubig den Kopf. Das Urteil soll am 15. Juli ergehen.

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