Proteste und Krawalle in Frankreich:Feuer der Wut

Flugausfälle, Krawalle, Blockaden, Benzinknappheit: Frankreichs öffentliches Leben ist gelähmt. Und die Proteste gegen die Rentenreform von Präsident Sarkozy werden immer gewalttätiger.

In Frankreich haben die zunehmend gewalttätigen Massenproteste gegen die Rentenreform das öffentliche Leben stark behindert. Nach fast einwöchigem Dauerprotest wird der Sprit knapp, weil Raffinerien und Treibstoffdepots blockiert werden. 1500 Tankstellen sind betroffen. Die Regierung setzte am Montag einen Krisenstab ein, um die Energieversorgung des Landes zu sichern.

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Seit Tagen streiken in Frankreich die Mitarbeiter von Raffinerien, Fabriken und Nahverkehrsunternehmen aus Protest gegen die von Präsident Nicolas Sarkozy geplante Rentenreform. Immer wieder schlagen die Demonstrationen in Gewalt um, wie hier in Nanterre nahe Paris, wo Jugendliche ein Auto anzündeten.

(Foto: AFP)

Schwere Jugend-Krawalle überschatteten die Proteste. Die Gewerkschaften wollen die Proteste am Dienstag noch ausweiten.

Erstmals beteiligten sich auch LKW-Fahrer an den Protesten und blockierten Verkehrsachsen und Depots. Ihre Aktion verschärft bestehende Engpässe bei der Benzinversorgung weiter. In zwei Departements riefen die Behörden zur Vermeidung unnötiger Fahrten auf. Überschattet wurde der Protest durch schwere Jugend-Krawalle mit brennenden Autos und zerbrochenen Schaufenstern in diversen Städten des Landes. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm rund 200 Randalierer fest.

Verspätungen und Flugausfälle gab es am Montag auf dem wichtigsten Pariser Luftverkehrs-Drehkreuz, am Flughafen Charles de Gaulle. Dort sorgten streikende Mitarbeiter von Treibstoff-Firmen für Behinderungen. Auf allen Flughäfen des Landes wird am Dienstag nach Behördenangaben etwa ein Drittel aller Flüge ausfallen, wenn erneut Tausende an Protest-Kundgebungen im ganzen Lande teilnehmen wollen. Auf dem zweitgrößten Pariser Airport Orly dürfte sogar die Hälfte aller Flüge gestrichen werden.

Die Proteste haben mittlerweile auch die Energieversorger erreicht. Die Belegschaft des nordfranzösischen Atomkraftwerks Flamanville stimmte für einen 48-stündigen Ausstand, so dass sich die Leistung der 1300-Megawatt-Anlage halbieren wird. Nach Angaben des Stromkonzerns EdF sei jedoch kaum mit einer spürbaren Auswirkung bei den Verbrauchern zu rechnen.

Im Elsass haben Demonstranten stundenlang den Zugang zum Automobilbauer Peugeot Citroen in Mülhausen blockiert, wo 10.000 Angestellte beschäftigt sind. Weiterhin gestört ist auch der Bahnverkehr. Etwa jeder zweite innerfranzösische Schnellzug (TGV) sollte am Montag ausfallen - exakte Zahlen sollten erst am Abend vorliegen.

Die Thalys-Züge von Paris nach Köln wurden ebenfalls gestrichen - allerdings wegen eines Streiks in Belgien. Mehrere Lastwagenfahrer blockierten am Montagmorgen zahlreiche Treibstoffdepots und behinderten den Verkehr auf wichtigen Verkehrsachsen. Die Blockade soll an einigen Orten bis Mittwoch fortgesetzt werden.

Zahlreiche der 12.500 Tankstellen im Lande klagen über versiegende oder bereits versiegte Vorräte. Die Gewerkschaften planen am Dienstag eine Ausweitung der Proteste.

Kein Grund zur Sorge

Wegen der Benzinknappheit durch die Massenproteste muss Frankreich sogar auf seine strategischen Treibstoffreserven zurückgreifen. Die Internationale Energieagentur in Paris bestätigte am Montag, sie stehe deswegen in engem Kontakt mit den französischen Behörden. Allerdings seien die für 90 Tage angelegten Reserven des Landes ausreichend, um eine vorübergehende Knappheit aufzufangen. Grund zur Sorge bestehe nicht.

Der Präsident der französischen Mineralölwirtschaft, Jean-Louis Schilansky, erklärte am Montagabend im Rundfunk, neben den 12 bestreikten Raffinerien des Landes würden 10 der rund 200 Treibstoffdepots blockiert. Er schätzte die bisher entstandenen Kosten für seine Branche auf rund 100 Millionen Euro.

Die Proteste richten sich gegen Pläne der Regierung, das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre anzuheben. Der Gesetzentwurf sollte ursprünglich an diesem Mittwoch durch den Senat gehen, dürfte ihn nach jüngsten Informationen nun aber erst Donnerstagabend passieren.

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