Proteste in Uganda:Der Geist von Idi Amin

Wachsende Paranoia? In Uganda geht Präsident Museveni gnadenlos gegen Demonstranten vor, besonders die brutale Festnahme des Oppositionsführers hat viele geschockt. Die Gewalt erinnert an düstere Jahre, in denen Musevenis Vorgänger Idi Amin Angst und Schrecken verbreitete.

Arne Perras, Kampala

Die Ugander blicken in diesen Tagen voller Verwunderung zum Himmel. Sie sind zumeist gottesfürchtige Menschen, aber darum geht es gar nicht. Das Geräusch, das von da herunter dröhnt, ist den Menschen nicht vertraut. Kampfjets donnern über die Hauptstadt Kampala. "Routine", behauptet der Sprecher der Armee. Aber die Flieger sieht man hier nur selten. Offenbar möchte Präsident Yoweri Museveni jetzt Stärke demonstrieren - am Donnerstag lässt er sich für fünf weitere Jahre im Amt vereidigen. Seine Gegner sollen da ruhig sehen, was er alles aufzubieten hat.

Police spray Ugandan opposition party leaders with coloured water during demonstrations in the capital Kampala

Sicherheitskräfte schießen mit Wasserwerfern mit gefärbtem Wasser auf Oppositionelle, die in der ugandischen Hauptstadt Kampala protestieren. Die Vorgehensweise des Regimes mutet angesichts der Teilnehmerstärke bei Demonstrationen geradezu grotesk an.

(Foto: REUTERS)

Kampfjets sind ein brisantes Thema. Denn Museveni, der das Land seit 1986 beherrscht, rüstet auf: Neue Kampfflugzeuge seien nötig, um die Ölfelder zu schützen. Von Russland werden nun sechs Jets gekauft, sie sollen 740 Millionen Dollar kosten. Die ostafrikanische Nation hat Ölreserven von schätzungsweise zwei Milliarden Barrel. Es wird noch dauern, bis sie mit den Schätzen tatsächlich Petro-Dollars verdient. Sicher aber ist, dass das Öl Begehrlichkeiten weckt. Und es dürfte die Entschlossenheit der Regierung noch steigern, die Macht im Lande eisern zu verteidigen.

In den vergangenen Wochen sind Konflikte zwischen Regierung und Opposition immer wieder aufgebrochen, nun könnte die Konfrontation noch einmal einen Höhepunkt erreichen: am Donnerstag, bei der pompösen Zeremonie zu Musevenis neuerlichen Vereidigung. Der Präsident denkt nicht daran aufzuhören.

Doch da ist auch sein Rivale, Kizza Besigye von der Partei FDC, der fordert, dass die "Diktatur Musevenis" ein Ende finden müsse. Besigye hat die Wahl im Februar verloren, er kam auf 26 Prozent. Er sagt, dass er klar gesiegt hätte, wäre es sauber zugegangen. Das wiederum sehen andere als gewagte Hypothese, auch wenn viele zustimmen, dass die Wahl nicht fair gewesen ist.

Amtsinhaber Museveni nutzte Mittel des Staates für den Wahlkampf. Es gab Einschüchterungen und Manipulationen. 68 Prozent der Stimmen entfielen schließlich auf den Amtsinhaber. EU-Wahlbeobachter kritisierten zwar viele Mängel. Aber EU-Botschafter Roberto Ridolfi in Kampala befand, dass die "Legitimität des Wahlergebnisses jetzt nicht in Frage gestellt werden sollte". Vieles deutet darauf hin, dass sich Museveni noch immer auf eine recht breite Bewegung stützt. Für zahlreiche Ugander ist er immer noch der Mann, der das Land zusammenhält.

Das sieht die Opposition anders. Sie schien zwar schon geschlagen im Februar, doch danach verspürte sie wieder Aufwind, was auch mit den Umwälzungen in der arabischen Welt zu tun hat. In Ägypten und Tunesien stürzte das Volk Diktatoren. Besigye hofft, dass die Opposition auch in Uganda auf dieser Welle reiten kann. Doch das ist sehr ungewiss.

Der Konflikt ist auch das Duell zweier Männer, die früher Weggefährten waren, bevor sie sich zerstritten. Sie schlugen sich als Rebellen durch den Busch, es waren düstere Jahre, in denen Milton Obote und Idi Amin für Angst und Schrecken sorgten. 1986 triumphierte Musevenis Rebellenarmee, sie ebnete den Weg für einen beachtlichen Aufschwung, von dem Uganda bis heute profitiert. All dies ist das Werk Musevenis. Gleichwohl ist keineswegs sicher, ob dieser Mann seinem Erbe treu bleiben wird. Die Entwicklungen haben doch viele nervös gemacht, weil der Sicherheitsapparat mit einer Brutalität gegen die Protestbewegung vorgegangen ist, die schon Erinnerungen an Idi Amins Zeiten wachrufen.

Besigye führt eine Bewegung, die von sich sagt, dass sie gegen steigende Benzin- und Lebensmittelpreise demonstriert. "Walk to work" heißen die Straßenproteste. Gleichzeitig aber fordert die Opposition Neuwahlen, bevor sie sich auf Gespräche mit Museveni ein- lässt. Vielleicht geht es also doch weniger um die Not als um die Macht.

Besigye musste mehrere Tage in die Klinik

Bemerkenswert ist einerseits, dass sich meist nur wenige hundert Menschen zu Demonstrationen zusammenfinden. Eine Massenbewegung ist das nicht. Andererseits fällt auf, dass die Sicherheitskräfte die Proteste mit einer Gewalt auseinandersprengen, die angesichts der Teilnehmerstärke schon grotesk anmutet. Auch am Dienstag wurde wieder mit Tränengas auf Protestierende gefeuert. Analysten rätseln, was dahinter steckt. Mal wird auf eine wachsende Paranoia einer Regierung verwiesen, die schon ein Vierteljahrhundert herrscht. Mal auf mangelnde Ausbildung der Polizei.

Besonders die brutale Festnahme Besigyes hat viele geschockt. Er wurde in seinem Auto mit Pfefferspray und Tränengas traktiert, so dass er tagelang medizinisch in Nairobi behandelt werden musste. Zuvor hatte ihn ein Gummigeschoss verletzt. Der massive Einsatz von Schusswaffen und Tränengas hat dazu geführt, dass schon neun Menschen starben, Hunderte wurden inhaftiert. Die Regierung, die gestärkt aus den Wahlen hervorging, hat sich in kürzester Zeit diskreditiert. Besigye, den viele nach der Wahl schon abgeschrieben hatten, ist wieder zurück.

An diesem Mittwoch will der Oppositionsführer aus Nairobi zurückkehren. Welch ein Zufall, denn gleichzeitig werden einige afrikanische Staatschefs einfliegen, die Museveni zur Vereidigung geladen hat. Die Opposition möchte Museveni die Show verderben, die 1,5 Millionen Dollar kosten soll. Viel Geld, wenn auch weit weniger als die 740 Millionen für die neuen Jets. Für arme Ugander, die jeden Tag kämpfen müssen, um wenigstens einmal zu essen, sind diese Zahlen verstörend. Ob sie deshalb aber protestieren, ist nicht sicher. Militär und Polizei sind längst aufmarschiert, um Proteste im Keim zu ersticken. Sie haben darin jetzt schon viel Übung.

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