Proteste in Teheran:Rafsandschani attackiert iranische Führung

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Angespannte Lage beim Freitagsgebet in Teheran: Zehntausende Anhänger der Opposition sind auf den Straßen - Sicherheitskräfte haben die Universität abgeriegelt. Ex-Präsident Rafsandschani greift in seiner Rede die iranische Führung an.

Der ehemalige iranische Präsident Akbar Hashemi Rafsandschani hat beim Freitagsgebet in Teheran zu einer offenen Debatte über die umstrittene Wahl aufgerufen. Er forderte auch die Freilassung von Oppositionellen, die bei den Protesten festgenommen wurden. Der Regierung warf er vor, nicht genügend Toleranz gegenüber dem eigenen Volk zu haben.

Der ehemalige iranische Präsident Rafsandschani hat zu einer offenen Debatte über die umstrittene Präsidentenwahl aufgerufen. (Foto: Archivbild: AP)

Auf den Straßen demonstrieren Oppositionsanhänger, die Menge schwillt immer weiter an. Während Hunderttausende in der iranischen Hauptstadt protestierten, erreichten offenbar nur einige Tausend den Eingang zur Universität, wo Rafsandschani auftrat. Die Teilnehmer skandierten den Angaben zufolge Parolen für Oppositionführer Mir-Hossein Mussawi und riefen "Allahu Akbar" ("Gott ist groß").

Im Umkreis von drei Kilometern sei das Areal mit einer Menschenmenge gefüllt gewesen, berichten Augenzeugen. Ein Großaufgebot von Polizei und Freiwilligen-Milizen riegelte das Gelände der Universität ab.Die iranische Polizei hat in Teheran laut Augenzeugenberichten mehrere Demonstranten festgenommen. Es habe "mehrere Festnahmen" gegeben.

Rafsandschani sieht Iran in der Krise

Die Anhänger des bei der Präsidentenwahl unterlegenen Kandidaten Mir Hussein Mussawi trugen die Farbe grün als Zeichen des Protestes. Sie skandierten: "Keine Angst, keine Angst, wir sind alle zusammen." Sie protestieren weiter gegen die nach ihrer Ansicht gefälschten Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad war aus der Abstimmung nach offiziellen Angaben als klarer Sieger hervorgegangen. Die unterlegenen Kandidaten bezweifeln das Ergebnis.

Rafsandschani hatte seine Predigt mit einem Aufruf an die Anhänger Mussawis begonnen, die friedliche Atmosphäre des Freitagsgebets nicht durch Slogans gegen die Regierung zu stören. "Lasst uns die Gelegenheit nutzen, eine bessere Zukunft für unser Land zu schaffen, und die Probleme zu lösen", sagte Rafsandschani. Iran befinde sich in einer Krise.

Pflicht für jeden Muslim

Augenzeugen berichten, die Atmosphäre auf den Straßen Teherans sei ausgesprochen gespannt. Zusammenstöße von Demonstranten und Polizei könnten nicht ausgeschlossen werden. Ausländischen Berichterstattern ist es streng verboten, die Freitagsgebete und die Geschehnisse in deren Umfeld an Ort und Stelle zu verfolgen.

Der Freitag ist Versammlungstag der islamischen Gemeinden in aller Welt. Der Besuch des Freitagsgebetes ist Pflicht für jeden männlichen gesunden Muslim im Erwachsenenalter. Der Tag soll ausgewählt worden sein, weil er auch Markttag war.

Das Freitagsgebet besteht aus den eigentlichen Gebeten und der Predigt eines Imams (Vorbeters). Der erste Teil ist religiös geprägt, Koranverse werden rezitiert. Den zweiten Teil bestimmen soziale und politische Themen. Ursprünglich eine religiöse Zeremonie, hat das Freitagsgebet vor allem im Iran nach der islamischen Revolution von 1979 einen politischen Charakter erhalten.

© dpa/Reuters/AP/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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