Proteste in Syrien:Panzer gegen die Aufständischen

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Syriens Armee rückt in die Städte Homs und Banias ein, tötet Dutzende von Menschen und nimmt Hunderte Demonstranten fest. Präsident Assad hat versprochen, die Gewalt gegen die Oppositionellen einzudämmen, aber es ist nicht sicher, ob er die brutalen Sicherheitskräfte überhaupt noch kontrolliert.

Sonja Zekri, Kairo

Syriens Regierung schickt Panzer gegen weitere aufständische Städte, um den Protest zu ersticken. Ähnlich wie in Daraa im Süden, wo die Proteste vor zwei Monaten begannen, sind am Samstag Panzer in Banias an der Küste eingerückt und am Sonntag in die Industriestadt Homs im Zentrum Syriens.

Die Proteste in Syrien erfassen immer mehr Städte, am Wochenende wurde auch in der Küstenstadt Banias und in Homs in Zentralsyrien demonstriert. Dort hat einer der Aufständischen mit seinem Handy dieses Foto aufgenommen. (Foto: AP)

In Homs starb laut Agenturangaben ein Zwölfjähriger an Schussverletzungen. In Banias, Sitz einer der wenigen Raffinerien des Landes und wichtigster Öl-Exporthafen, soll unter den Hunderten Festgenommen ein Zehnjähriger gewesen sein. Mindestens drei Frauen sollen gestorben sein, als Sicherheitskräfte einen Frauenprotestzug beschossen. Menschenrechtsorganisationen berichten von Kriegsschiffen vor der Küste von Banias. Es gibt jedoch fast keine gesicherten Informationen, da Syrien kaum ausländische Reporter ins Land lässt, syrische Journalisten bedroht, Strom, Telefon- und Internetleitungen in Homs und Banias unterbrochen sind.

Syrische Aktivisten vermuten, dass seit Beginn des Aufstands Hunderte Menschen gestorben sind, mehr als 40 allein am Freitag. Tausende wurden verhaftet, Intellektuelle und politische Aktivisten tauchen aus Angst ab. Gegen den krebskranken Oppositionspolitiker Riad Seif wurde Anklage wegen Verstoßes gegen das Demonstrationsverbot erlassen. Die Flüchtlingswelle nach Libanon, Jordanien und in die Türkei wächst.

Inzwischen haben die Protestierenden erstmals Forderungen formuliert: Auf einer Internetseite verlangen sie ein Ende der Gewalt gegen Demonstranten, freie Wahlen und die Freilassung politischer Gefangener, nicht jedoch den Rücktritt von Präsident Assad, der auf den Straßen von Banias, Homs und Daraa regelmäßig zu hören ist.

Offiziell gelten die Militäraktionen als Schlag gegen Extremisten

Die staatliche Nachrichtenagentur berichtet, ein Offizier und vier Polizisten seien von "bewaffneten Verbrechern" getötet worden. Offiziell gelten die Militäraktionen als Schlag gegen Extremisten, die vom Ausland gesteuert werden und Zwietracht unter Syriens Ethnien und Konfessionen schüren.

Banias beispielsweise sei eine Hochburg sunnitischer Extremisten, was Aktivisten für übertrieben halten. Hier beschränkte sich die Belagerung auf die sunnitischen Viertel, während die alawitischen Stadtteile unbehelligt blieben. Präsident Baschar al-Assad und seine Familie zählen zur alawitischen Minderheit, ebenso die Spitzen des Militärs und mächtige Geschäftsleute.

Amerika und die EU haben Sanktionen gegen Syrien verhängt, bislang allerdings nicht gegen Assad. Dieser traf sich am Samstag mit Jugendvertretern und versprach, die Gewalt der Sicherheitskräfte einzudämmen. Allerdings ist nicht klar, ob er gefürchtete Verbände wie die Vierte Division seines Bruders Maher noch vollständig kontrolliert.

© SZ vom 09.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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