Proteste in Syrien:Assad-Anhänger bewerfen US-Botschafter mit Steinen

Im Kampf gegen die Opposition nimmt sich das Assad-Regime nun die USA vor: Mehr als 100 Anhänger des syrischen Präsidenten haben die amerikanische Botschaft umzingelt, Diplomaten beschimpft und mit Steinen beworfen. Die Regierung in Damaskus wirft Washington vor, Demonstranten zu Gewalt anzustiften.

Anhänger des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad haben den US-Botschafter Robert Ford und weitere Diplomaten in Damaskus mit Steinen und Tomaten beworfen. Mehr als 100 Menschen versammelten sich Augenzeugen zufolge vor einem Gebäude im Stadtzentrum, in dem sich der US-Diplomat mit dem Oppositionellen Hassan Abdul Azim unterhielt.

Syria unrest

Während ein Teil der Bevölkerung gegen das Regime in Syrien kämpft, kommt es auch immer wieder zu Demonstrationen von Anhängern des Präsidenten Assad.

(Foto: dpa)

"Zwei Fahrzeuge der Botschaft wurden beschädigt. Die US-Delegation ist noch vor Ort, eine Menschenmenge umzingelt das Gebäude", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Zeugen. Der oppositionelle Zentrumspolitiker Abdul Azim hatte wiederholt ein Ende der Gewalt zur Bedingung für Verhandlungen mit Assad gemacht.

Abdul Azim sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Protestierenden hätten gegen die Eingangstür des Gebäudes getrommelt und die USA mit Rufen verschmäht. Später seien Angehörige der Sicherheitskräfte gekommen, um sie zu vertreiben. Zum Inhalt seines Gespräches mit Ford sagte der Oppositionelle: "Wir sprachen darüber, dass die Proteste gegen das Regime friedlich bleiben müssen." Am vergangenen Samstag war bereits der französische Botschafter Eric Chevalier in Damaskus Opfer einer Eierwerfer-Attacke von Regimetreuen geworden.

Syrien beschuldigt USA der Anstiftung zur Gewalt

Unmittelbar nach der Attacke griff das syrische Regime die USA scharf an: Das syrische Außenministerium warf Washington vor, Regierungsgegner zur Gewalt gegen Sicherheitskräfte anzustiften. "Jüngste Aussagen von US-Vertretern zeigen klar, dass die USA bewaffnete Gruppen zur Gewalt gegen die syrische Armee ermutigen", hieß es aus dem Ministerium.

Unterdessen sinkt die Aussicht auf schärfere UN-Sanktionen gegen die syrische Regierung. Im Vorfeld neuer Verhandlungen des UN-Sicherheitsrats sollten sich westliche Diplomaten sowie Vertreter von Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika (BRICS) an diesem Donnerstag in Grundzügen auf einen Kompromiss verständigen. Dieser soll einen dringenden Appell an Syrien vorsehen, die Gewalt gegen pro-demokratische Proteste im Land zu beenden.

Zwischen dem Westen und den BRICS-Staaten hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Differenzen bezüglich des Vorgehens gegen die syrische Regierung gegeben. Russland, China und die nicht-ständigen Mitglieder Indien, Brasilien sowie Südafrika stehen einem harten Vorgehen des Sicherheitsrates gegen Damaskus bislang skeptisch gegenüber.

Das Papier der Europäer soll aus Rücksicht auf diese Ratsmitglieder keine Androhung von Sanktionen enthalten, sondern es bei reinen Appellen an die syrische Führung belassen. Die europäische Vorlage ruft die Regierung in Damaskus zu einem Ende der Gewalt auf und drängt auf die Einhaltung der Menschenrechte. Zentral sei ein glaubwürdiger politischer Reformprozess, hieß es von deutschen Diplomaten in New York.

Dem Regime sollte mit Sanktionen zumindest gedroht werden, wenn es die Gewalt nicht stoppt. "Das wird nicht verwässert. Wir haben Zugeständnisse gemacht, aber der Kern ist noch enthalten. Die Androhung weiterer Sanktionen ist entscheidend", erklärte der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig.

Heftige Gefechte zwischen Deserteuren und Soldaten

Die jüngsten Äußerungen der russischen Delegation ließen das Interesse der Regierung in Moskau an einem Kompromiss erkennen. "Wenn der Rat tatsächlich einig ist in dem Ziel, eine politische Lösung zu finden und die Gewalt in Syrien zu beenden, dann sollten wir eine gemeinsame Basis haben", sagte der russische UN-Gesandte Witali Tschurkin nach einem nicht-öffentlichen Treffen des Gremiums. "Wir sind uns heute näher als zuvor", sagte er. Einige Punkte müssten noch einmal überdacht werden.

Nach Aussagen von Diplomaten nehmen die USA nicht mehr am Verhandlungsprozess teil. Die Regierung in Washington sei möglicherweise in Sorge, die Europäer könnten den BRICS-Ländern zu viele Zugeständnisse machen.

In Syrien wuchs die Sorge vor einem weiteren Ausufern der Gewalt. Am Mittwoch hatten sich syrische Militärs erstmals heftige Gefechte mit Deserteuren und Oppositionellen geliefert. Mindestens 1000 abtrünnige Soldaten und bewaffnete Bewohner kämpften in der Protesthochburg Rastan gegen Einheiten von Präsident Assad.

Nach Monaten friedlicher Proteste weigerten sich zuletzt zunehmend Soldaten, weiter auf Zivilisten zu schießen. Sie haben inzwischen Widerstandsbrigaden gegründet, deren Größe nicht bekannt ist. Während der Proteste wurden nach UN-Angaben bislang mindestens 2700 Menschen getötet. Zehntausende gelten als vermisst.

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