Süddeutsche Zeitung

Proteste in Kiew:Ukraine sagt Amerikanern Verzicht auf Gewalt zu

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Nach dem harten Vorgehen der ukrainischen Polizei gegen Demonstranten in Kiew erhöhen die USA den Druck und lassen mögliche Sanktionen prüfen. Pentagon-Chef Hagel warnt seinen Amtskollegen Lebedjew am Telefon - der beschwichtigt.

Die USA zeigen sich empört über den gewaltsamen Polizeieinsatz gegen pro-europäische Demonstranten in Kiew. Der US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hat seinen ukrainischen Amtskollegen Pawlo Lebedjew bei einem nächtlichen Telefongespräch davor gewarnt, "in irgendeiner Art" das Militär bei Protesten im Land einzusetzen. Wie ein Sprecher Hagels sagte, machte der Minister deutlich, dass dies andernfalls zu Belastungen führen könnte. Verteidigungsminister Lebedjew sagte dies zu, da das auch die Haltung von Präsident Viktor Janukowitsch sei, erklärte eine Sprecherin des Pentagon.

Schon jetzt prüfen die USA mögliche Sanktionen gegen die Ukraine. Die US-Regierung ziehe "bestimmte politische Optionen in Betracht, darunter auch Sanktionen", sagte Außenamtssprecherin Jennifer Psaki. Noch sei aber keine Entscheidung getroffen worden.

US-Außenminister John Kerry hatte sich zuvor "angewidert" über die Polizeigewalt geäußert. Diese sei "weder akzeptabel, noch ziemt es sich für eine Demokratie", sagte Kerry. Um repressive Staaten unter Druck zu setzen, haben die USA bisher zum Beispiel Einreisebote für Regierungsvertreter verhängt und Vermögen eingefroren. So reagierte Washington etwa auf das harte Vorgehen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad.

Spezialeinheiten waren in der Nacht zum Mittwoch auf den Unabhängigkeitsplatz in Kiew vorgerückt, den Hauptort der massiven Proteste gegen die ukrainische Regierung. Die Beamten setzten Schlagstöcke gegen Demonstranten ein und rissen Barrikaden ein. Unter dem Druck der Regierungsgegner zogen sich die Polizisten später wieder zurück.

Klischko beschreibt die "Horror-Nacht"

"Es war eine Horror-Nacht für alle Demonstranten, auch für mich", beschrieb der Oppositionsführer Vitali Klitschko seine Erlebnisse in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung. "Die Sicherheitskräfte schlugen Zelte kaputt, trieben Demonstranten mit Schlagstöcken auseinander, zerstörten unsere friedlichen Proteste." Klitschko hatte nach dem Polizei-Einsatz jedes künftige Gespräch mit der Staatsführung abgelehnt. Präsident Viktor Janukowitsch rief die Regierungsgegner dennoch zum nationalen Dialog auf und erklärte sich bereit, persönlich an einem Runden Tisch teilzunehmen. Die Opposition müsse aber auf "den Weg der Konfrontation und der Ultimaten" verzichten. Ein gewaltsamer Einsatz gegen Regierungsgegner werde sich nicht wiederholen, versprach er.

Der Unmut der Opposition richtet sich gegen die Entscheidung des pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, das lange vorbereitete Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union nicht zu unterzeichnen.

Der amtierende Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat unterdessen alle Beteiligten beim Machtkampf in der Ukraine dazu aufgerufen, "auf jede Form der Gewalt zu verzichten". "Wir erwarten und verlangen auch von der Regierung und den Regierungsinstitutionen in der Ukraine, dass sie friedliche Demonstranten schützt und dass sie auch die Versammlungsfreiheit garantiert", sagte er im Interview der ARD-"Tagesthemen".

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SZ.de/AFP/Reuters/dpa
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