Proteste in Iran:Gemischte Gefühle

Isfahan

Das Leben im Gottesstaat kennt mehr als islamische Sittenwächter und Moscheen. Der im Westen oft verurteile Schleierzwang ist im Alltag nicht das Allerwichtigste für die meisten Iranerinnen.

(Foto: Isabelle Eshraghi/VU/laif)

Was steckt hinter dem Aufstand in Iran? Der Westen denkt an den Schleierzwang und die Wut auf die Ayatollahs. Doch die Menschen haben andere Sorgen. Unsere Autorin hat sich in der Hauptstadt umgehört.

Von Katajun Amirpur

Der einzige Farbklecks an ihrem schwarzen Outfit ist das kleine, pinke Plastikgerät. Die tiefverschleierte junge Frau im Tschador trägt es wie einen Ring am Finger. Sie steht in der Teheraner U-Bahn, murmelt Unverständliches vor sich hin, klickt regelmäßig einen der beiden Knöpfe des Plastikgeräts. "Das ist ein Salavat-Zähler", erklärt sie auf meinen erstaunten Blick hin. Salavat ist eine Segensformel, die Muslime aussprechen, wenn sie den Namen des Propheten hören oder aussprechen. Dass jemand in der U-Bahn diesen Segensspruch wie den Rosenkranz herunterbetet, ist ungewöhnlich, neu. Die junge Frau lässt es sich nicht nehmen, mir ihren Salavat-Zähler zu schenken.

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