Proteste in Iran:Bundesregierung besorgt über Entwicklung in Iran

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Ein Fernsehstandbild des iranischen Nachrichtensenders IRINN zeigt Gegenproteste in der Stadt Ahvaz im Westen des Landes. (Foto: AFP)
  • Die Bundesregierung hat den Demonstranten in Iran Respekt ausgesprochen und die Regierung in Teheran dazu aufgerufen, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu achten.
  • Irans Präsident Rohani sagte seinem türkischen Amtskollegen, er hoffe auf ein baldiges Ende der Proteste gegen die Regierung, die seit Donnerstag immer mehr eskaliert sind.
  • Bei offenbar staatlich organisierten Kundgebungen gingen ebenfalls Tausende auf die Straße, um ihre Unterstützung für das Regime zu zeigen.

Die Bundesregierung hat die iranische Führung angesichts der schweren landesweiten Proteste dazu aufgerufen, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu achten. "Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklungen im Iran mit Besorgnis, insbesondere die Berichte über Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. "Aus Sicht der Bundesregierung ist es legitim und verdient auch unseren Respekt, wenn Menschen ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen couragiert in die Öffentlichkeit tragen."

Demmer appellierte an die Regierung in Teheran, auf die Proteste mit der Bereitschaft zum Dialog zu reagieren. "Sollten einzelne Proteste für Gewalttaten missbrauchen, sollte der Staat darauf verhältnismäßig und mit rechtsstaatlichen Mitteln reagieren", sagte sie.

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In Iran gehen Regierungsgegner seit knapp einer Woche auf die Straße. Entzündet hatten sich die Proteste am Unmut über die schlechte Wirtschaftslage im Land.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums ergänzte, bislang seien keine negativen Auswirkungen auf die deutschen Unternehmen festzustellen. Die Bundesregierung setze in den Beziehungen zu Iran weiter auf Dialog und das Prinzip "Wandel durch Handel".

Unterdessen hat die Führung des Landes offenbar selbst landesweite Kundgebungen organisiert. Nach Angaben des Staatsfernsehens Irib gingen Tausende auf die Straße, um ihre Unterstützung für das Regime zu demonstrieren. Irib zeigte Live-Bilder von Kundgebungen in mehreren Städten. Zu sehen sind Iraner, die "Nieder mit den USA", "Nieder mit Saudi-Arabien" und "Nieder mit Israel" rufen. Diese drei Länder sind nach Auffassung der iranischen Führung die Anstifter der Protestwelle im Land und unterstützen demnach die Demonstranten mit Geld und auch mit Waffen.

Die USA erneuerten indes ihre Kritik an der Führung Irans. Die internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn Demonstranten mit Gewalt begegnet werde, sagte die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Sanders. Bei den Protesten handele es sich um einen "organischen Volksaufstand, organisiert von tapferen iranischen Bürgern". Sanders vermied eine klare Antwort auf die Nachfrage, ob das Weiße Haus einen Regimewechsel in Teheran anstrebe. Die USA fordern eine Krisensitzung der Vereinten Nationen in New York und des UN-Menschenrechtsrats in Genf.

Proteste gegen die hohe Arbeitslosigkeit

Die Proteste sind die größten seit der gewaltsam unterdrückten Bewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Ahmadinedschad 2009. Sie richteten sich zunächst gegen die gestiegenen Preise für Lebensmittel und die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, dann aber zunehmend gegen das ganze System.

In den ersten sechs Tagen der Proteste gegen Führung und Klerus im Iran haben Sicherheitskräfte Hunderte Demonstranten festgenommen. Insgesamt sollen weit über tausend Menschen hinter Gittern sein. Mindestens 21 Menschen sind iranischen Medien zufolge seit Beginn der Proteste getötet worden.

Irans Präsident Hassan Rohani hofft trotz der Eskalation, dass die Proteste gegen ihn in wenigen Tagen beendet sein werden. Dies habe Rohani am Mittwoch seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdoğan in einem Telefonat erklärt, hieß es im türkischen Präsidialamt. Erdoğan habe Rohani für dessen erste Reaktion auf die Proteste gelobt. Der iranische Staatschef hatte in seiner ersten Reaktion gesagt, dass die Demonstranten sich bei der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Proteste an die Gesetze halten müssten.

© SZ.de/dpa/rtr/dir/jsa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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