Süddeutsche Zeitung

Proteste in der Ukraine:Janukowitsch trifft sich mit Ex-Präsidenten zum Krisengespräch

Nach einem Krisengespräch kündigt der ukrainische Präsident Janukowitsch an, eine Delegation nach Brüssel schicken zu wollen. Nach dem Treffen verbreitet sich das Gerücht, er könne ein Abkommen mit der EU doch noch zeitnah unterschreiben. Sicherheitskräfte räumen Barrikaden im Regierungsviertel

Die Ereignisse des Tages im SZ-Newsblog.

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch trifft sich zum Gespräch mit drei Ex-Präsidenten und kündigt an, eine Delegation nach Brüssel schicken zu wollen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will in Kiew zwischen Regierung und Opposition vermitteln. Die Sicherheitskräfte erhöhen den Druck auf die prowestlichen Demonstranten.

  • Janukowitsch macht Zugeständnisse: Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat sich mit seinen drei Amsvorgängern für ein Krisengespräch getroffen. Dabei sollten Vorbereitungen für einen runden Tisch getroffen werden, an dem auch die Opposition teilnehmen soll, wie ukrainische Medien berichten. Die Idee kam jedoch nicht von Janukowitsch selbst, er folgte vielmehr einer Einladung von Ex-Präsident Leonid Krawtschuk. Wie die ukrainische Nachrichtenagentur Obozrevatel berichtet, kündigte Janukowitsch während des Treffens an, das EU-Assoziierungsabkommen noch bis März 2014 zu unterschreiben, jedoch nur unter Bedingungen. Dafür gibt es jedoch bisher keine Bestätigung. Am Mittwoch soll eine Delegation zu Gesprächen nach Brüssel fliegen. Im Anschluss an das Gespräch verurteilte Janukowitsch Aufrufe zur Revolution aus den Reihen der Opposition als "Bedrohung für die nationale Sicherheit". Allerdings signalisierte er auch Milde. So habe er die Staatsanwaltschaft gebeten, einige der in Kiew festgenommenen Demonstranten wieder freizulassen.
  • Polizei erhöht Druck auf die Demonstranten: Ukrainische Sicherheitskräfte haben in Kiew den Druck auf prowestliche Demonstranten erhöht. Mitglieder der Spezialeinheit "Berkut" (Steinadler) vertrieben am Dienstag Oppositionsanhänger aus dem seit Tagen belagerten Regierungsviertel. Sie räumten deren Barrikaden aus Mülltonnen sowie Stacheldraht. Nach Medienberichten waren insgesamt 6000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Dennoch kontrollierte die Opposition weiterhin die Prachtstraße Kreschtschtaik und den Unabhängigkeitsplatz - den zentralen Sammelpunkt der Demonstranten. Bei der Räumung der Barrikaden kam es zu kleineren Zusammenstößen, auf beiden Seiten gab es Verletzte. Janukowitsch verurteilt Aufrufe zur Revolution als "Bedrohung für die nationale Sicherheit", deutete aber eine Mitverantwortung der Sicherheitskräfte an der Gewalt an: "Es gibt Schuldige auf beiden Seiten."
  • Ultimatum ist abgelaufen: Im Laufe des Tages sollten die Demonstranten besetzte Gebäude räumen. Die Behörden hatten den Regierungsgegnern ein entsprechendes Ultimatum gesetzt. Um eine Eskalation zu verhindern, will die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Kiew zwischen Regierung und Opposition vermitteln. Im Laufe ihres zweitägigen Besuchs werde Ashton alle wichtigen Beteiligten auf beiden Seiten sowie Vertreter der Zivilgesellschaft treffen, kündigte die EU-Kommission an.
  • Wer sind die Demonstranten: Alle sprechen von Vitali Klitschko (hier ein Kurzporträt) - im Westen gilt der Boxer als der geeignetste Kandidat für das Amt des Präsidenten. Doch die Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan wollen ihren Protest gar nicht unbedingt an eine Partei binden, resümiert der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow im Interview mit der Taz. Parallelen mit der Orangenen Revolution 2004 gebe es kaum. "Die damaligen Proteste entzündeten sich an einem konkreten Ereignis, den gefälschten Präsidentenwahlen." Nun sei es ein Mix aus Problemen, der die unterschiedlichsten Menschen auf die Straße treibe: Der gescheiterte Assoziierungsvertrag mit der EU und das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten. Gleichzeitig, so Kurkow, gelinge es der Opposition nicht, die Proteste zu bündeln.

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