Proteste in Brasilien:Demonstranten in Brasilien stürmen Ministerien und legen Feuer

Proteste in Brasilien

Regierungsgegner legen aus Wut über ihren korruptionsverdächtigen Präsidenten Temer ein Feuer im Agrarministerium.

(Foto: dpa)
  • In der braslianischen Hauptstadt Brasilia haben Zehntausende Menschen gegen Präsident Temer demonstriert.
  • Einige haben das Landwirtschaftsministerium besetzt. Das Militär schützt jetzt Regierungsgebäude.
  • Temer steht unter dringendem Korruptionsverdacht, will sich aber an der Macht halten.

In Brasilien sind nach Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei offenbar mehrere Ministerien in der Hauptstadt Brasilia evakuiert worden. Dies teilte das Büro von Präsident Michel Temer mit. Das Militär werde den Präsidentenpalast, das Außenministerium und andere Regierungsgebäude schützen, teilte Verteidigungsminister Raul Jungmann mit.

In der Stadt forderten nach Behördenangaben rund 35 000 Menschen den Rücktritt des korruptionsverdächtigen Staatschefs. Die Demonstration, die von Gewerkschaften und linken Gruppen organisiert wurde, verlief zunächst friedlich. Als der Protestzug das Regierungsviertel erreichte, kam es jedoch zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas und Pfefferspray ein. Einige Demonstranten warfen Steine, schmissen mobile Toiletten um und legten Brände.

Weitere Demonstranten sind in das Landwirtschaftsministerium eingedrungen und haben dort randaliert. Ein Ministeriumssprecher sagte, sie hätten dort auch Feuer gelegt und Fotos früherer Minister zerstört.

Die Regierungsgegner fordern Neuwahlen und das Ende der von Temer verordneten Sparpolitik. Die sieht vor, öffentliche Ausgaben für die Dauer von 20 Jahren einzufrieren, ein späteres Renteneintrittsalter einzuführen und die Arbeitsgesetze im Sinne der Unternehmer zu lockern. Während der Proteste sollen Regierungsmitglieder darüber diskutiert haben, ob sie Temer weiter unterstützen oder fallen lassen sollen.

Temer lehnt Rücktritt ab

Temer steht zunehmend unter Druck, lehnt einen Rücktritt aber ab. In einem heimlich mitgeschnittenen Gespräch soll er Schweigegeldzahlungen an den inhaftierten ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha zugestimmt haben. Cunha, wie Temer Mitglied der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), soll über umfassendes Wissen zu den Beteiligten in der Korruptionsaffäre um den Petrobras-Ölkonzern verfügen. Neben der Billigung von Schweigegeldzahlungen soll Temer laut Unterlagen der Generalstaatsanwaltschaft in seiner Zeit als Vizepräsident Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen haben.

Cunha gilt als Drahtzieher der Amtsenthebung von Temers Vorgängerin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) vor einem Jahr. Nach Rousseffs Absetzung trat ihr Stellvertreter Temer ihre Nachfolge an. Sein Mandat läuft noch bis Ende 2018. Doch immer mehr Brasilianer verlangen, die Präsidentschaftswahl vorzuziehen. Der 76-jährige Temer ist Umfragen zufolge in der Bevölkerung äußerst unbeliebt. Seine restriktive Sparpolitik treibt die Menschen regelmäßig auf die Straßen.

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