Proteste in Algier:Polizei prügelt auf Demonstranten ein

Angespornt von den Ereignissen in Ägypten gehen auch in Algerien und im Jemen Tausende Regierungsgegner auf die Straße. Die Regierungen reagieren mit aller Härte - in Algerien lässt Bouteflika die Proteste niederprügeln.

Erst Ben Ali in Tunesien, dann Mubarak in Ägypten und als nächstes Bouteflika in Algerien? Die seit Wochen anhaltenden Proteste von Regimegegnern nähren auch im größten nordafrikanischen Land Hoffnungen auf eine demokratischen Öffnung. An diesem Samstag sind etwa 10.000 Menschen in Algier auf die Straße gegangen.

Doch die Regierung demonstrierte mit einem gewaltigen Polizeiaufgebot ihre Macht: Etwa 30.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz und gingen mit aller Gewalt gegen die Demonstranten vor. Am Startpunkt des nicht genehmigten Protestmarsches in der Innenstadt prügelten Polizisten mit Schlagstöcken auf die Menschen ein. Zahlreiche Personen, darunter auch Oppositionspolitiker, seien festgenommen worden, berichteten Augenzeugen vor Ort. Über Verletzte gab es zunächst keine Angaben.

Der Protest des Bündnisses für Wandel und Demokratie war unter dem seit langem geltenden Ausnahmezustand verboten. Die Demonstranten riefen "Nein zum Polizeistaat" und "Bouteflika raus". Seit 1999 regiert in Algerien Präsident Abdelaziz Bouteflika.

Die algerische Staatsspitze hatte am Samstag die Hauptstadt Algier bereits am Morgen komplett abriegeln lassen. Der Zugverkehr wurde ausgesetzt, zahlreiche Straßensperren behinderten den Verkehr, berichtete die Zeitung El Watan im Internet. In vielen Stadtteilen seien gepanzerte Lastwagen und Geländewagen der Sicherheitskräfte aufgefahren.

Größere Gruppen von Regimegegnern wurden auf dem Weg zum Startplatz der Demo umzingelt und am Weitergehen gehindert. Einige hundert von ihnen schafften es aber dennoch auf den Platz des 1. Mai. Sie forderten friedlich den Rücktritt des autoritären Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und einen demokratischen Wandel. Regimefreundliche Gegendemonstranten konnten sich ungehindert bewegen. Sie provozierten die Oppositionellen mit Pro-Bouteflika-Rufen.

Hinter den Protesten in Algerien stecken ähnliche Gründe wie in Tunesien und Ägypten: Zahlreiche Menschen im Land sehnen sich nach besseren Lebensverhältnissen, nach mehr Demokratie und Chancengleichheit. Zu der Demonstration an diesem Samstag hatte bereits vor etlichen Tagen ein Bündnis von Oppositionsvertretern aufgerufen.

Jemen: "Nach Mubarak ist Ali dran"

Auch im Jemen haben tausende Menschen gegen den dortigen Präsidenten Ali Abdallah Saleh demonstriert. "Nach Mubarak ist Ali dran", skandierten rund 4000 meist junge Protestteilnehmer in der Hauptstadt Sanaa. Unter weiteren Rufen wie "Hau ab, Ali!" oder "Das Volk will den Sturz des Regimes" zogen sie von der Universität in Richtung Zentrum der Hauptstadt.

Als sie versuchten, auf den Tahrir-Platz im Zentrum von Sanaa zu gelangen, wurden die von hunderten Regimeanhängern mit Knüppeln und Messern attackiert und vertrieben. Die Polizei versuchte vergeblich, die Gruppen voneinander fernzuhalten. Mindestens zwei Menschen wurden verletzt.

Mitglieder von Salihs regierender GPC-Partei campieren seit Tagen in großen Zelten auf dem Tahrir-Platz, um dort Demonstrationen von Regierungsgegnern zu verhindern. Der seit 32 Jahren herrschende Präsident hatte Anfang des Monats angekündigt, auf eine weitere Amtszeit verzichten zu wollen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte alle Seiten zu einem Gewaltverzicht auf. "Wir sind sehr besorgt über die Nachrichten in Algerien und fordern und appellieren an die Beteiligten, auf jede Form von Gewalt zu verzichten und den Demonstranten nicht das Recht auf Proteste zu nehmen", sagte er bei seinem Besuch im benachbarten Tunesien. "Die Idee der Freiheit kann man aufhalten, aber man wird den Geist der Freiheit nicht aufhalten können."

Einen Monat nach dem Umsturz in Tunesien sagte Westerwelle dem nordafrikanischen Land Hilfe bei wirtschaftlichen und politischen Reformen zu. Deutschland werde Tunesien beim demokratischen Wandel unterstützen, sagte Westerwelle nach einem Treffen mit Interimspräsident Mohamed Ghannouchi in Tunis.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: