Klimakonferenz COP26:"Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei"

Klimakonferenz COP26: Klima-Aktivisten der Gruppe "Extinction Rebellion" in Paris.

Klima-Aktivisten der Gruppe "Extinction Rebellion" in Paris.

(Foto: Scott Heppell/AP)

Bitte kein "Blablabla" mehr, sondern mehr Einsatz im Kampf gegen die Klimakrise: Nach einer Woche COP26 bringen Umweltaktivisten weltweit ihren Unmut zum Ausdruck.

Tausende Menschen in aller Welt haben ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz mit großen Protestaktionen neuen Nachdruck verliehen. Im Zuge eines globalen Aktionstages zogen am Samstag allein Zehntausende Demonstrantinnen und Demonstranten durch das schottische Glasgow, wo seit einer Woche die Weltklimakonferenz COP26 stattfindet. Ausgestattet mit Bannern, Flaggen und Schildern mit Klimabotschaften sowie Regenjacken gegen das britische Wetter forderten die dortigen Protestteilnehmer zur Halbzeit der Konferenz mehr Klimagerechtigkeit für Menschen in ärmeren Weltregionen.

UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow - Proteste

Demonstranten in Glasgow.

(Foto: Andrew Milligan/dpa)

Die Organisatoren der "COP26 Coalition" sprachen von mehr als 100 000 Teilnehmern bei dem Protestmarsch in der schottischen Großstadt. Die Polizei teilte zunächst keine Schätzung zur Teilnehmerzahl mit. Auch anderswo in der Welt kamen viele tausend Menschen für Klimademos zusammen, unter anderem in Amsterdam - dort sprachen die Organisatoren von 40 000 Teilnehmern -, Paris, Seoul, Nairobi, Sydney, London und anderen britischen Städten. Mehr als 300 Aktionen waren nach Angaben der Veranstalter für den Samstag rund um den Globus geplant gewesen.

"Systemwandel, nicht Klimawandel!", stand auf einem großen Banner an der Spitze eines Protestmarsches in London. Ähnliche Botschaften fanden sich auch anderswo. Überall riefen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem einen der bekanntesten Slogans der Klimabewegung: "Was wollen wir? Klimagerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!"

Staaten etwa in Afrika, Asien und Südamerika spüren die Klimakrise bereits heute sehr stark

"Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei", schrieb die "COP26 Coalition", die ein Netzwerk verschiedener Organisationen und Kampagnen darstellt, auf Twitter. "Wir brauchen Klimaschutz, der für alle von uns funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche."

Viele Staaten etwa in Afrika, Asien und Südamerika spüren die Klimakrise bereits heute sehr stark - obwohl diese Länder mit ihren weitaus geringeren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel beigetragen haben als Industriestaaten wie Deutschland und die USA, aber auch China. Die Klimabewegung Fridays for Future fordert deshalb, dass reichere Staaten entscheidend mehr für das Klima tun und zudem genügend Geld bereitstellen, damit ärmere Länder mit den Folgen des Klimawandels fertig werden können.

Die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate betonte bei einer Rede in Glasgow, dass der globale Süden "an vorderster Front der Klimakrise und Versorgungskrise" stehe. Das spiegele sich aber nicht auf den Titelseiten der Zeitungen wider, kritisierte sie.

COP26 Coalition Protestors Take Part In The Global Day of Action for Climate Justice

Vanessa Nakate.

(Foto: Christopher Furlong/Getty Images)

Sie berichtete vor ihren Mitdemonstranten davon, wie die Klima- und Umweltkrisen schon heute immense Probleme in ihrer Heimat bereiteten. "Viele Schulen werden von Extremwetterereignissen zerstört", sagte sie am späten Nachmittag vor der Menge. Bei den Krisen gehe es nicht nur um Wettermuster, Klimaziele oder Statistiken. "Bei der Klima- und Umweltkrise geht es um Menschen, echte Menschen", unterstrich Nakate. Man müsse die Staatenlenker auffordern, damit aufzuhören, sinnlose Gipfel abzuhalten und stattdessen sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen.

Bei der Klimakonferenz COP26 ringen rund 200 Staaten in Glasgow darum, wie das Ziel noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß von maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Geplantes Ende der Konferenz ist der 12. November.

Bereits am Freitag hatten Tausende Menschen bei einer Klimademo in Glasgow mehr Tempo von den Staaten beim Klimaschutz gefordert. Die führende Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden hatte in einer Rede vor den Demonstranten erneute Kritik an der Konferenz geäußert. Es handele sich um "ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens, eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla", sagte sie.

Thunbergs deutsche Mitstreiterin Luisa Neubauer zog nach einer Woche Klimakonferenz ebenfalls eine vernichtende Zwischenbilanz. "Wie erwartet, dreht sich sehr viel um mehr oder weniger leere Reden", sagte Neubauer der Neuen Osnabrücker Zeitung. Auch der geschäftsführende Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kritisierte das bisher Erzielte. "Die sich abzeichnenden Beschlüsse reichen nicht aus, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

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Das Bergsteiger-Schnitzel im Giesinger Garten.

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Nur mal angenommen, in Glasgow stünde am Ende die große Einigung. Sehr viele Menschen auch in Deutschland würden sich darüber freuen - und bald erschrecken, dass dies ja Folgen hat, für ihren Alltag.

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