Stuttgart 21:Baumschützer leisten "aktiven Widerstand"

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Die ersten Bäume sollen verpflanzt werden - doch bereits am frühen Morgen kommt es zu Rangeleien zwischen Polizei und Stuttgart-21-Gegnern: Die Beamten sollen mit Knüppeln gegen die Demonstranten vorgegangen sein.

Unter starkem Polizeischutz und dem wütenden Protest von mehr als 1000 Demonstranten sind an diesem Morgen die Bauarbeiten für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 fortgesetzt worden. Es kam zu Rangeleien zwischen den Beamten und mehreren hundert Demonstranten.

Protest am Stuttgarter Bauzaun: Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 blockieren am Nordflügel des Hauptbahnhofs eine Straße. (Foto: dpa)

Laut Polizei hatten sich in den frühen Morgenstunden etwa 300 bis 500 Demonstranten vor dem Gebäude versammelt. 50 hätten versucht, die Zufahrt von drei Spezialmaschinen zu verhindern. Mehrfach löste die Polizei mit Gewalt Sitzblockaden auf und machte den Weg frei. Dabei seien Schlagstöcke eingesetzt worden, berichtete der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann.

Die Polizei habe den Demonstranten nach eigenen Angaben einen anderen Versammlungsort zugewiesen. Die Demonstranten aber seien der mehrfachen Aufforderung, die Straße freizumachen, nicht nachgekommen und hätten von Polizeibeamten weggebracht werden müssen. Die Baumaschinen seien gegen 4:45 Uhr auf das Baugelände gefahren. Inzwischen wurden die ersten Bäume abtransportiert.

Handgreiflichkeiten habe es auch beim Aufbau von Absperrgittern gegeben. Beim Ausgraben des Baumes versuchten Demonstranten, die Absperrgitter umzuwerfen. Ein Polizeisprecher sprach von "aktivem Widerstand". Mehrere hundert Polizeibeamte waren im Einsatz.

Das Kommunikationsbüro für das Bahnprojekt Stuttgart 21 hatte bekanntgegeben, dass ab Dienstag vor dem Nordausgang 16 Bäume ausgegraben und umverpflanzt werden sollten. Die 16 Bäume sollen einem unterirdischen Technikgebäude weichen. Sie sollen mit Spezialmaschinen ausgegraben und an andere Standorte in Stuttgart umgesetzt werden. Nach Angaben der Projektbüros sind die etwa 200.000 Euro teuren Umpflanzungen eine freiwillige Leistung der Bahn und nicht Teil des Schlichterspruchs von Heiner Geißler.

Um 3:34 Uhr waren mehr als 32.000 Parkschützer über Handys oder E-Mail alarmiert worden. Die Gegner des Bahnprojekts lehnen die Verpflanzung der Bäume ab, da sie eine wichtige Funktion als Abgasfilter an einer viel befahrenen Kreuzung hätten.

Am 30. September vergangenen Jahres waren bei einem Polizeieinsatz im Schlossgarten mehr als 100 Personen verletzt worden, als eine Baustelle zur Fällung der ersten 25 Bäume eingerichtet wurde. Danach wurde die Schlichtung unter Vorsitz des CDU-Politikers Heiner Geißler vereinbart, der sich Ende November für einen Weiterbau des Bahnhofs unter Auflagen aussprach. Unter anderem sollen gesunde Bäume im Schlossgarten nach Möglichkeit verpflanzt und nicht gefällt werden. Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 soll der Hauptbahnhof für mehr als vier Milliarden Euro von einer Kopf- in eine unterirdische Durchgangsstation umgebaut werden.

Am Montagabend haben Gegner die mittlerweile 62. Montagsdemonstration durchgeführt: Nach Polizeiangaben nahmen etwa 3000 Menschen in Stuttgart an einer Kundgebung und einem anschließenden Protestzug gegen das Bahnprojekt teil. Einige hundert Aktivisten seien danach "wieder in einer nicht angemeldeten Aktion laut lärmend und Parolen skandierend" durch die Straßen gezogen, berichtete die Polizei.

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