Protest gegen Gerichtsurteil:Abgeordnete von Berlusconi-Partei drohen mit Rücktritt

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Will mit Hilfe der Abgeordnten seiner Mitte-Rechts-Partei PdL Neuwahlen erzwingen: Silvio Berlusconi. (Foto: dpa)

Schlittert Italien in eine Regierungskrise? Nach dem Gerichtsurteil gegen Ex-Premier Berlusconi bieten die Abgeordneten seiner Partei "Volk der Freiheit" ihren Rücktritt an. Dann hätte die Koalitionsregierung mit den Sozialdemokraten keine Mehrheit mehr. Berlusconi selbst spricht schon von Neuwahlen.

Es war die gewohnte Rhetorik, mit der sich der ehemalige italienische Regierungschef Silvio Berlusconi nach dem Gerichtsurteil gegen ihn am Freitag an seine Anhänger wandte. "Das kann man nicht Gerechtigkeit nennen. Man hat Dreck auf mich geworfen, und auf meine Familie. Das Urteil zielt allein darauf ab, mich zu vernichten."

Bei dem Treffen von Parlamentariern seiner Mitte-Rechts-Partei PDL (Popolo della Libertà - Volk der Freiheit) wurde Berlusconi laut Berichten von den Teilnehmern mit stehenden Ovationen begrüßt. Und er gab sich kämpferisch: "Wenn eine Reform der Justiz nicht zustande kommt, sind wir zu Neuwahlen bereit", mit diesen Worten wird er zitiert.

Gerade 24 Stunden nach seiner endgültigen Verurteilung als Steuerbetrüger beginnt seine Partei PDL nun damit, den Bestand der Regierung zu bedrohen. Parlamentarier und Minister der PDL erklärten zurückzutreten, sollte Staatspräsident Giorgio Napolitano nicht eine Begnadigung für Berlusconi aussprechen.

Die Parlamentarier erteilten den PDL-Fraktionschefs in Senat und Abgeordnetenhaus freie Hand für den Gebrauch ihrer vorbereiteten Rücktrittsklärungen.

Damit hätte die Koalitionsregierung mit den Sozialdemokraten keine Mehrheit mehr. Schon direkt nach Berlusconis Verurteilung waren Gerüchte aufgekommen, dass die instabile Koalitionsregierung zerbrechen könnte.

Am Donnerstag hatte der Oberste Gerichtshof die von zwei unteren Instanzen in Mailand verhängte Haftstrafe gegen Berlusconi von vier Jahren bestätigt. Damit wurde der in mehrere Prozesse verwickelte Berlusconi erstmals rechtskräftig verurteilt. Die Richter vertagten jedoch die Entscheidung über ein fünfjähriges Verbot, öffentliche Ämter auszuüben.

In dem Prozess ging es um Steuerhinterziehung durch Berlusconis Medienkonzern Mediaset. Das Unternehmen soll Schwarzgeldkonten im Ausland unterhalten und Preise für Filmübertragungsrechte künstlich in die Höhe getrieben haben. Der Anklage zufolge erwarben Scheinfirmen die Rechte und verkauften sie an Mediaset zurück. Dem Fiskus sollen dadurch sieben Millionen Euro entgangen sein. Berlusconi wusste nach Überzeugung des Gerichts Bescheid.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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