Situation in Ostdeutschland:Holger Beeck, Vorstandsvorsitzender von McDonald's Deutschland: "Unendliche Narben"

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"Wenn ein großes westdeutsches Unternehmen im Osten ein Werk schließt, obwohl dieses anscheinend Gewinn abwirft, obwohl die Leute gut ausgebildet sind, obwohl die Leute willens sind, hart zu arbeiten, dann schlägt das unendliche Narben." Sagt Holger Beeck und erinnert an einen krassen Fall unternehmerischer Entscheidung, der erst kürzlich in Ostdeutschland tiefe Spuren hinterlassen hat.

Holger Beeck wird neuer Deutschland-Chef von McDonald's

Holger Beeck

(Foto: picture alliance/dpa)

Der 58-jährige Beeck ist weniger streng, aber genauso sensibel beim Blick auf die gefährliche Schieflage. Seine Kritik an der West-Dominanz formuliert er aus der Sicht eines Unternehmens - und verweist darauf, dass man sich selber schwächt, wenn man nicht alle Blickwinkel durchleuchtet.

Beeck ist in Halle an der Saale geboren; er spricht bis heute deutlich erkennbar Dialekt. Und weil ihm das früher quasi in jedem ersten Gespräch mit anderen vorgehalten wurde, hat er sich irgendwann entschieden, nicht bei einem deutschen, sondern einem amerikanischen Unternehmen anzuheuern. Hier fragte ihn niemand, wo er herkommt. Das Ergebnis: Er konnte vom Trainee zum Vorstandsvorsitzenden aufsteigen.

Ausgrenzung und Dominanz des Westdeutschen - auch Beeck registriert das bis heute. Er warnt eher nüchtern und rational vor den Folgen statt zornig nach Änderungen zu rufen. Wenn man wichtige Gruppen einer Gesellschaft nicht höre, weil sie gar nicht am Tisch sitzen würden, so Beeck, dann könne man "schwerlich in der Sache das Beste entscheiden".

Der Manager meint das ganz grundsätzlich und mahnt auch die Politik, nicht bestimmte Gruppen auszugrenzen. Gerade Politikern sollte das nicht passieren, so Beeck. "Eine ausgewogene Besetzung führt fast immer zu einem besseren Ergebnis." Wenn man für eine Gruppe etwas erreichen wolle, müsse diese auch beteiligt werden. Sonst handele man mit großer Wahrscheinlichkeit an ihr vorbei. "Für ein Unternehmen ist das einfach schlecht fürs Geschäft."

Beeck hat sich selbst hochgearbeitet, er ist stolz darauf und er plädiert keineswegs für Quoten. Aber er realisiert, an welchen Stellen sich Schwächen durch mangelnde Repräsentation zeigen. Zum Beispiel bei der Besetzung der Vorstände in den 30 Dax-Konzernen. Genau ein Vorsitzender sei im Osten geboren; auch insgesamt seien es viel zu wenige Ostdeutsche. Ein kleines, feines, plastisches Beispiel.

Der Hallenser wünscht sich, dass die strukturellen und geistigen Barrieren endlich überwunden würden. Und er hofft darauf, dass viele Medien ihr aus seiner Sicht lange einseitig gepflegtes Bild "des vermeintlich einfältigen, rechtsradikalen Ossis" aufgeben. "Das hat Spuren hinterlassen - auf beiden Seiten."

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