Süddeutsche Zeitung

Projekt Nürburgring:Das Märchen vom reichen Onkel aus Amerika

Der US-Amerikaner Pierre S. du Pont V. sollte am Nürburgring als Investor einsteigen. Jetzt dementiert er, dass er jemals irgendetwas damit zu tun hatte.

Christoph Hickmann

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck ist eigentlich kein politischer Träumer. Derzeit aber erweist sich vieles, was er bis vor kurzem noch energisch verteidigt hat, als Traumgebilde.

Wie eine Seifenblase platzte zunächst seine Hoffnung, die Kosten für das am Donnerstag eröffnete Freizeit- und Geschäftszentrum am Nürburgring durch eine Privatfinanzierung um 50 Millionen Euro nach unten drücken zu können. Am Freitagmorgen ploppte die nächste Blase, die Blamage ist damit zunächst einmal komplett: Der von Beck als potentieller Investor für das Projekt genannte US-Amerikaner Pierre S. du Pont V. bestreitet, jemals etwas mit dem Projekt zu tun gehabt zu haben.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hatte Beck den Namen preisgegeben und du Pont als potentiellen Investor der am Donnerstag eröffneten Erlebniswelt genannt; die Süddeutsche Zeitung hatte den Namen zuvor veröffentlicht. Das sei "ganz großer Milliardärsadel", sagte Beck. Da aber lag bereits der Verdacht nahe, dass man auf einen Schwindel des Schweizer Geschäftsmannes Urs Barandun hereingefallen sein könnte, der du Pont als angeblichen Investor für das Projekt präsentiert hatte.

"Präzise Erkenntnisse"

Der Name du Pont war offenbar bis zuletzt geheime Kommandosache geblieben, auch Beck kannte ihn demnach sehr lange Zeit nicht. Nach Darstellung der SPD-Landesregierung verriet der am Dienstag zurückgetretene Finanzminister Ingolf Deubel den Namen erst, als klar war, dass das von Barandun immer wieder in Aussicht gestellte Geld nicht am Nürburgring ankommen würde.

Deubel hatte sich zuvor stets auf das Prinzip der Vertraulichkeit berufen. Mitte Juni hatte er in einer Ausschusssitzung gesagt, seinem Ministerium lägen "präzise Erkenntnisse" vor, dass es sich um "eine natürliche Person handelt, US-Amerikaner, vermögend und nicht ganz unbekannt". Es sei aber "nicht Barack Obama. Ganz so bekannt ist er auch wieder nicht." Die Opposition hatte damals höhnisch vom plötzlichen Auftauchen eines "reichen Onkels aus Amerika" gesprochen.

Der "Milliardärsadel" aber wusste nichts von seinem Glück. In einer der SZ vorliegenden Erklärung du Ponts heißt es, er sei "vor kurzem" informiert worden, "dass ein gewisser Urs Barandun (und möglicherweise andere) einige Aussagen und Beschuldigungen" gegen ihn und seine "mutmaßliche Beteiligung" an bestimmten Entwicklungsprojekten am Nürburgring erhöben.

Ungelenk formulierte E-Mails

"Alle solche Behauptungen, dass ich Anleger oder potentieller Anleger im oben erwähnten Entwicklungsprojekt bin oder einmal war, sind völlig falsch und unbegründet", schreibt du Pont - und geht mit seiner Distanzierung sogar noch weiter: "Ich bestreite irgendeine Kenntnis vom genannten Projekt. Außerdem kenne ich diesen Herr Barandun nicht und habe weder mit ihm noch mit Beamten von Rheinland-Pfalz irgendetwas zu tun gehabt. Weder Herr Barandun noch jemand anders darf für mich sprechen oder mich vertreten." Alle gegenteiligen Erklärungen seien falsch.

Zwar hatte Deubel sich bemüht, mit du Pont in Kontakt zu kommen; die Kommunikation aber beschränkte sich auf merkwürdig ungelenk formulierte E-Mails mit eingescannten Unterschriften - was seltsam ist, weil du Ponts Kontaktdaten ohne weiteres über das Internet herauszufinden sind. Nun liegt der Verdacht nahe, dass die Unterschriften gefälscht wurden.

Bei der Staatsanwaltschaft Koblenz, die für die Sache zuständig ist, weiß man davon nach eigenem Bekunden noch nichts. Um ermitteln zu können, brauche man einen "Anfangsverdacht", sagt der leitende Oberstaatsanwalt Horst Hund. Bislang sei aber nicht klar, ob es um strafrechtlich relevante Sachverhalte gehe, und noch seien die notwendigen Unterlagen von der Nürburgring GmbH nicht eingetroffen.

Die Staatsanwaltschaft prüft

Noch immer also sind viele Fragen offen - vor allem die Frage, warum Barandun forderte, 95 Millionen Euro Landesgeld als Bardepot in der Schweiz anzulegen, angeblich um möglichen Investoren die Liquidität der Nürburgring GmbH demonstrieren zu können. Zugreifen konnte Barandun auf das Konto nicht. Ministerpräsident Beck erklärte am Freitag im Landtag, die Rücküberweisung sei bereits am Mittwoch veranlasst worden. Er biete den Fraktionsvorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien an, die Nachweise darüber einzusehen.

Inzwischen liegt bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche, "möglicherweise im Zusammenhang mit dem Nürburgring", wie es dort heißt. Mehr aber wollen die Strafverfolger nicht bestätigen: Man prüfe die Sache derzeit, heißt es.

CDU und FDP im Landtag kündigten derweil an, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Als Termin für den förmlichen Beschluss wird derzeit die Plenarsitzung Anfang September anvisiert. Zu klären sein wird dann neben vielen Details nicht nur die Frage nach der Verantwortlichkeit der Landesregierung, sondern auch die Rolle der Nürburgring-Geschäftsführung. Bislang wird alle Schuld auf Ingolf Deubel abgewälzt. Der war Aufsichtsratsvorsitzender der Nürburgring GmbH - und damit nur einer von mehreren Entscheidern.

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SZ vom 11.07.2009/mikö
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