Profil:Witold Bańka

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(Foto: Sebastien St-Jean/AFP)

Bald Vorläufer im Kampf gegen Doping.

Von Johannes Aumüller

Als Aktiver dauerte Witold Bańkas Auftritt auf der großen internationalen Bühne des Sports nur kurz. Bei der Leichtathletik-WM 2007 in Osaka war das, als der Pole am Vorlauf der 4-mal-400-Meter-Staffel teilnahm. Als das polnische Quartett im Finale überraschend Bronze gewann, durfte er schon nicht mehr mitmachen. Bańka war ein starker Läufer über die Stadionrunde (Bestzeit: 46,11 Sekunden), aber für die Weltspitze reichte es nicht. Doch nun betritt Banka, 35, die große Bühne des skandalgeprägten Weltsports von einer anderen Seite. An diesem Donnerstag soll er in Kattowitz zum neuen Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) gewählt werden - und am 1. Januar das Amt übernehmen.

Die Wada ist formal betrachtet die oberste Kontrollbehörde im Kampf gegen Doping, diesen treuen und intensiven Begleiter des Spitzensports. Aber sie tat sich dabei in den vergangenen Jahren nicht wirklich als überzeugende Institution hervor. Stattdessen befindet sie sich, wie der gesamte Weltsport, in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise. Das hat insbesondere mit ihrem Verhalten im russischen Staatsdopingskandal zu tun. Erst ignorierte die Wada jahrelang Hinweise auf die Betrügereien. Als sich das System dank Medienenthüllungen in den Jahren 2015 und 2016 entblätterte, gab sie sich nur kurz scharf - und schwenkte dann auf die mildere Linie des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein.

Aber der schlechte Ruf der Wada ist nicht nur auf die Russland-Causa zurückzuführen. Seitdem die Agentur 1999 angesichts diverser Dopingskandale gegründet wurde, diente sie dem organisierten Sport als ein Feigenblatt: Seht her, wir machen doch etwas gegen Doping. Aber tatsächlich hat der oft gar kein rechtes Interesse daran, den schönen Schein zu stören, mit dem er das Publikum verzücken und seine Milliarden verdienen will. Die Wada ist keine unabhängige Institution. Bis heute ist der Einfluss der Verbände immens und sind die zur Verfügung gestellten Gelder gering. Und tatsächliche Doping-Bekämpfer stellen eine beklemmende Differenz fest: Von den vielen Kontrollen des Sports sind nur circa 1,5 Prozent positiv, wobei diese Fälle oft unbekannte Sportler betreffen. Aber aus anonymen Umfragen unter Athleten ergeben sich, wie etwa bei der Leichtathletik-WM 2011, Doperquoten von bis zu 40 Prozent. So zeigte sich zuletzt, dass wirklicher Anti-Doping-Kampf nicht aus der Wada und dem Sport heraus erfolgen kann, sondern nur mithilfe staatlicher Ermittler.

Jetzt ist die Frage, wie sich der designierte Frontmann Bańka in dieser Gemengelage gibt. In den vergangenen vier Jahren war er Sportminister in Polen. Er gehört zur nationalpopulistischen PiS-Partei; eine Kritikwelle entfachte er, als es um seinen Umgang mit Renten für Mitglieder früherer Militärklubs ging. Aber insgesamt wirkte er eher unauffällig in der von Affären durchsetzten Regierung. Als es darum ging, sich für die Wada-Präsidentschaft zu positionieren, fiel er nicht gerade als Lautsprecher in Dopingfragen auf. Da war etwa die norwegische Kandidatin Linda Helleland klarer unterwegs. Doch rund um seine Wahl lässt Bańka durchaus aufhorchen: mit der Ankündigung strenger Sanktionen, Forderungen nach einer Aufstockung des 40-Millionen-Dollar-Etats oder dem Plan, mit Geheimdiensten zusammenzuarbeiten.

Die erste bedeutsame Entscheidung steht schon bald an: Denn jüngst zeigte sich, dass in Russland nicht nur früher ein staatlich orchestriertes Dopingsystem lief. Sondern auch, dass es in diesem Kontext bis zuletzt zu Täuschungen kam. Anfang des Jahres übergab Russland der Wada Daten des Moskauer Kontrolllabors, das einst zum Betrugssystem gehörte. Doch diese waren manipuliert, wie selbst russische Vertreter einräumten. Nun fordern Kritiker eine harte Strafe - die Wada könnte einen Ausschluss Russlands für die Sommerspiele 2020 in Tokio auf den Weg bringen.

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