Profil:Uwe Gensheimer

Uwe Gensheimer
(Foto: Soeren Stache/dpa)

Der Star der Handball-Nationalmannschaft ist dem Turnhallen-Mief entronnen.

Von Joachim Mölter

Die Show war vorbei, die meisten Akteure waren schon von der Bühne verschwunden, aber immer noch skandierten Zuschauer am Donnerstagabend in der Berliner Arena am Ostbahnhof: "Uwe! Uwe! Uwe!", als ob es beim Handball eine Zugabe gäbe wie beim Rockkonzert. Der gefeierte Uwe winkte noch einmal und ging dann ebenfalls, nachdem er das Publikum zuvor zu regelrechten Begeisterungsstürmen getrieben hatte. "Das bedeutet mir viel", sagte Uwe Gensheimer, 32: "Ich wollte mich schon immer mal wie ein Popstar fühlen, der nur den Arm hebt, und schon schreien alle los."

In der Vorrunde der Handball-Weltmeisterschaft ist Uwe Gensheimer endgültig zu dem Gesicht geworden, das auch Laien mit seinem Sport verbinden. Nur die größten Sportler des Landes sind über ihre Vornamen bekannt: Franz, Lothar, Boris, Steffi - und bei Uwe denken jetzt immer mehr an den Handballer Gensheimer aus Mannheim statt an den Fußballer Seeler aus Hamburg. Fachleuten ist er seit Jahren ein Begriff, als bester Linksaußen der Welt, der dank seines geschmeidigen Handgelenks den Ball aus unmöglich erscheinenden Winkeln an Torhütern vorbeizwirbelt. Seit fünf Jahren führt er als Kapitän die Handball-Nationalmannschaft, mit 784 Toren in 165 Länderspielen ist er Nummer fünf der ewigen Torjägerliste, war dreimal Torschützenkönig der Champions League. Für die Ausstrahlung über seinen Sport hinaus fehlt dem Modellathleten (1,88 Meter, 88 Kilo) nur ein großer internationaler Titel, daran arbeitet er gerade. Beim WM-Triumph der deutschen Handballer 2007 war er zu jung, beim EM-Sieg 2016 verletzt; mit seinem Klub scheiterte er 2017 im Finale und 2018 im Halbfinale der Champions League.

Gensheimer ist aktuell der einzige deutsche Weltstar des Handballs, der einzige Nationalspieler, der sein Geld im Ausland verdient, bei Paris Saint-Germain. Im Sommer 2016 ist er dorthin gezogen, "raus aus der Komfortzone", wie er sagt. Gensheimer ist in Mannheim geboren und aufgewachsen, er hat dort mit dem Handballspielen begonnen und es zum Beruf gemacht. Nun ist er der bestbezahlte deutsche Handballer, mit knapp einer halben Million Euro pro Jahr. Im Fußball kriegen das viele im Monat.

Sich in der Quasi-Weltauswahl von PSG zu behaupten, neben ehemaligen Welthandballern wie dem Franzosen Nikola Karabatic und dem Dänen Mikkel Hansen sowie Talenten wie dem Norweger Sander Sagosen, hat dem Jungen aus Baden gutgetan. In der Öffentlichkeit trat Gensheimer früher sehr leise auf, bei dieser Heim-WM geht er aus sich heraus, er reißt seine Mannschaft mit und animiert das Publikum. Aus der Weltstadt Paris hat er sozusagen Glamour und Parfüm mitgebracht, beides versprüht er nun in der urdeutschen Sportart Handball, der ja immer noch das Odeur miefiger Provinz-Turnhallen anhaftet. Das will der deutsche Verband DHB ändern, er will die Sportart jünger, moderner, hipper präsentieren. Dafür kommt ihm der Publikumsliebling Uwe Gensheimer gerade recht.

Um ein größeres Publikum zu erschließen, ist der DHB mit seinem Teil des mit Dänemark gemeinsam ausgerichteten Turniers von seinen Traditionsstandorten in die Millionenstädte umgezogen, zur Vorrunde nach Berlin und München, zur Hauptrunde nach Köln, zum Halbfinale nach Hamburg. Der Plan geht bislang auf, die Hallen sind fast immer ausverkauft, die Einschaltquoten an den Fernsehgeräten beinahe sensationell, zumindest für einen Sport, der nicht Fußball ist. Im Durchschnitt schauten bislang 7,2 Millionen Menschen bei den fünf deutschen Spielen zu; bei der EM 2016 und der WM 2007 waren es in der Vorrunde nicht mehr als vier Millionen. Jetzt übertragen ARD und ZDF alle Partien der Hauptrunde zur besten Sendezeit, jeweils um 20.30 Uhr. Es ist eine Chance, nicht nur Uwe Gensheimers Gesicht mit diesem Sport zu verbinden.

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