Profil:Sir Richard Branson

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(Foto: dpa)

Britischer Multi-Milliardär, der vergeblich um Staatshilfe für sein Firmenimperium buhlt.

Von Alexander Mühlauer

Vor einer Woche machte Richard Branson der britischen Regierung ein ungewöhnliches Angebot. Er bat um 500 Millionen Pfund für seine Fluglinie Virgin Atlantic, die wegen der Corona-Krise vor dem Bankrott steht. Als Pfand für den Staatskredit bot er seine 30 Hektar große Privatinsel im Osten der British Virgin Islands an. Doch wie es aussieht, wird daraus nichts. Der Telegraph berichtete am Sonntag, dass Branson den Plan auf Eis gelegt habe und nun versuche, Privatinvestoren für seine Airline zu finden. Er hat offenbar eingesehen, dass sein Ansinnen nicht gerade auf Begeisterung gestoßen ist. Denn warum sollten die britischen Steuerzahler für einen Multimilliardär einspringen, der in einer Steueroase lebt und schon seit Jahren keine Einkommensteuer im Königreich zahlt?

Der öffentliche Furor war jedenfalls so groß, dass sich Branson in einem offenen Brief an seine Mitarbeiter rechtfertigte. Er lebe auf Necker Island, weil er die Britischen Jungferninseln liebe, schrieb er. Und fügte hinzu, dass seine Firmen in all jenen Ländern Steuern zahlen würden, wo sie Geschäfte machten. Zu seinem persönlichen Steueraufkommen äußerte sich Branson mit keinem Wort. Das Wirtschaftsmagazin Forbes taxiert sein Vermögen auf etwa vier Milliarden Dollar. Doch nun, da seiner Fluggesellschaft das Aus droht, weist er darauf hin, dass sein Wohlstand vom Wert seiner Unternehmensgruppe abhänge.

Für Branson, der sich seit jeher als unermüdlichen Optimisten inszeniert, ist dies ein Eingeständnis, das nur einen Schluss zulässt: Es läuft finanziell gar nicht gut. Bransons Airline steckt zwar schon länger in der Krise, aber nun droht ihr wegen der Corona-Pandemie der wirtschaftliche Kollaps. Auch andere Firmen seines Virgin-Imperiums, etwa die Hotels und die Kreuzfahrtlinie, leiden unter den Auswirkungen des Virus. Nun will Branson das tun, was er in seiner Karriere immer wieder machen musste: kämpfen. Um sein Unternehmen und um seinen Ruf.

Auf seinem Twitter-Profil bezeichnet sich der 69 Jahre alte Brite als Abenteurer und Unruhestifter. Das trifft es ziemlich gut. Seine ersten Versuche als Unternehmer machte er bereits als Teenager. Mit 17 gab er ein Studentenmagazin heraus, für das er John le Carré und Jean-Paul Sartre als Autoren gewinnen konnte. Die Zeitschrift erwies sich als finanzieller Flop, aber Branson ließ sich nicht entmutigen. 1969 gründete er einen Versandhandel für Schallplatten namens Virgin. In den Siebzigern eröffnete er mehrere Läden und begann selbst Platten zu produzieren. Branson nahm Musiker wie Mike Oldfield unter Vertrag, später die Sex Pistols, Boy George, Phil Collins und die Pet Shop Boys. Mit ihnen und seinen Virgin-Mega-Stores verdiente er Millionen.

Anfang der 1990er verkaufte Branson Virgin Music und konzentrierte sich auf das Luftfahrtgeschäft. Später übernahm er Teile der britischen Eisenbahn, gründete eine Bank und ließ einen Weltraumbahnhof entwickeln, von dem aus Touristen ins All fliegen sollten. Fast 400 Firmengründungen soll Branson versucht haben, zurzeit besteht seine Virgin Group aus 60 Unternehmen. Es gibt nur wenige Marken auf der Welt, deren Namen so sehr mit ihren Gründern verbunden sind.

Von der Queen geadelt, ist Sir Richard Branson bis heute das Gesicht von Virgin. Und was immer er sich ausdachte, Aufmerksamkeit war dem Selfmade-Milliardär mit dem mittlerweile nicht mehr ganz so blonden Haarschopf gewiss. Ob er mit einem Heißluftballon den Atlantik überquerte oder als Kitesurfer den Ärmelkanal - die Medien berichteten über den Draufgänger. Manche seiner Werbeaktionen waren großkotzig, vulgär und sexistisch. Trotzdem wird Branson bis heute von seinen Fans als unabhängiges Genie gefeiert; als einer, der sich eigentlich alles erlauben kann. So gesehen ist es möglich, dass Branson die massive Kritik an seinem Staatshilfe-Ruf schlicht nicht einkalkuliert hat.

© SZ vom 27.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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