Süddeutsche Zeitung

Profil:Sharon Afek

Der erste offen schwule General der israelischen Armee will ein Zeichen setzen.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Sein Vater auf der einen, Generalstabschef Gadi Eizenkot auf der anderen Seite - gemeinsam brachten sie die neuen Rangabzeichen auf den Schulterklappen von Sharon Afek an. Der hagere Brillenträger wurde vergangenen Donnerstag zum ersten General der israelischen Armee befördert, der sich zu seiner Homosexualität bekennt. Sein Coming-out hatte er vor einem Jahr, sein Aufstieg in die höchsten Militärkreise wurde von der in Israel sehr aktiven Homosexuellenbewegung als historischer Schritt gefeiert.

Der 47-jährige Jurist sieht sich als Vorbild, wie er im Interview mit einem israelischen Rechtsmagazin sagte. Schwule und lesbische Rekruten und Rekrutinnen "sollten wissen, dass es in der Armee keine Glasdecke gibt". Seine Befürchtungen am Anfang seiner Militärkarriere hätten sich als unbegründet herausgestellt. Obwohl Schwule und Lesben in der Gesellschaft immer noch häufig mit Unwissenheit und Hass konfrontiert seien, könne im Militär jeder "an die Spitze der Pyramide gelangen".

Tatsächlich vollzog sich Afeks eigener Aufstieg in stetigen Schritten: Sein Rechtsstudium an der Tel-Aviv-Universität schloss er mit der höchsten Auszeichnung, summa cum laude, ab. Später trat er in eine Spezialeinheit der israelischen Verteidigungskräfte ein und spezialisierte sich auf internationales Recht. Er arbeitete eng mit dem heutigen Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit zusammen, als dieser noch in der Armee diente. Afek war sowohl bei der ersten und zweiten Intifada, dem Libanonkrieg als auch 2014 am Gazakrieg beteiligt.

Die Auseinandersetzungen an der Grenze zum Gazastreifen, die seit 30. März andauern, beschäftigen Afek auch in seiner jetzigen Funktion. Seit Oktober 2015 ist er oberster Militäranwalt, er klärt das Vorgehen von Soldaten rechtlich ab und vertritt Israel auch bei Verfahren etwa vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Dort sind Anzeigen anhängig, die sich gegen das Vorgehen der israelischen Armee rund um den Gazastreifen richten. Am Samstag kam es zur größten militärischen Offensive seit 2014.

Zu Vorfällen aus dem Gazakrieg vor vier Jahren stehen noch Entscheidungen des Militäranwalts aus, ob sich Soldaten bei Einsätzen rechtskonform verhalten haben. Zumindest zwei Entscheidungen hat Afek bereits gefällt, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wurden. In einem Fall ging es darum, dass die Anklage gegen einen General wegen Vergewaltigung zugelassen wurde. Internationales Aufsehen erregte das Gerichtsverfahren gegen den Soldaten Elor Azaria. Afek ließ es nicht bei einem Disziplinarverfahren bewenden, sondern gab grünes Licht für eine Anklage. Azaria hatte 2016 einen wehrlos auf dem Boden liegenden verletzten palästinensischen Attentäter in Hebron erschossen. Afek hat diese Entscheidung als "juristischen und moralischen Meilenstein in der Geschichte des militärischen Rechts" in Israel bezeichnet. Azaria wurde zu achtzehn Monaten Haft verurteilt. Es war ein Zufall, dass im Mai gleichzeitig die Nachricht von der bevorstehenden Beförderung Afeks und der vorzeitigen Entlassung Azarias aus dem Militärgefängnis nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe bekannt wurden.

Bei seiner Beförderungszeremonie sprach Afek davon, dass ein Militäranwalt Schulter an Schulter mit den Kommandanten agiere, um sicherzustellen, dass die israelische Armee ihre Ziele durchsetze, ohne Recht und Gesetz aufzugeben. So könne das israelische Militär als Armee des Volkes in einem demokratischen Staat auftreten. Generalstabschef Eizenkot beschied ihm, seinen Job "mit Fingerspitzengefühl und Mut" auszuüben.

Beim israelischen Militär sieht der General auch bei einem anderen Thema Nachholbedarf: Frauen in Führungspositionen. Gleich am Anfang seiner neuen Amtszeit hat er zwei Frauen im juristischen Dienst in Topjobs befördert.

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SZ vom 16.07.2018
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