Profil:Ségolène Royal

Segolene Royal
(Foto: Alain Jocard/AFP)

Autorin eines frechen Buchs und letzte Hoffnung der französischen Sozialisten

Von Stefan Ulrich

Kann es eine stolze linke Partei stärker beuteln als die SPD? Ohne weiteres. Man braucht nur über den Rhein zu blicken, wo es die camarades, wie sich die französischen Genossen nennen, deutlich schlimmer erwischt. Vor zwei Jahren stellte der Parti Socialiste noch den Staatspräsidenten und die Mehrheit im Parlament. Heute ist alles verloren. Die Partei, die einen François Mitterrand hervorgebracht hat, schafft in Umfragen noch um die sechs Prozent. Doch nun könnte Rettung nahen, in Gestalt einer dea ex machina. Wobei die Erlösung hier nicht, wie in antiken Tragödien, von oben käme, sondern aus den Tiefen der Parteigeschichte.

Ségolène Royal ist mit ihren Triumphen und Desastern und durch die eigentümliche Verquickung ihres privaten und öffentlichen Lebens die Dramenfigur der französischen Politik. Als junge Frau stieg die Absolventin der Eliteschule Ena unter Präsident Mitterrand glanzvoll auf, wurde früh Abgeordnete und Ministerin. Dabei stellte sie ihren damaligen Lebensgefährten und politischen Rivalen François Hollande, den Vater ihrer vier Kinder, in den Schatten. 2007 wäre es ihr dann fast gelungen, die Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Sie unterlag nur knapp dem Konservativen Nicolas Sarkozy, auch weil Hollande, damals Chef der Sozialisten, sowie andere Parteigrößen, sie nur halbherzig unterstützten. Eine Frau im Élysée, das war ihnen wohl doch zu revolutionär.

Von da an ging es bergab für diese charismatische, kämpferische und ungewöhnlich schöne Frau. Sie warf 2007 Hollande aus der Wohnung, weil der eine Liaison mit einer Journalistin hatte. Sie verlor 2009 die Wahl zur Parteichefin der Sozialisten und 2012 die Vorwahl zur Präsidentschaftskandidatur. Staatschef wurde damals Hollande. Ausgerechnet. Dass er seine Ex-Partnerin später zur Umweltministerin machte, war ein schwacher Trost. 2017 unterstützte die moderat linke, im Umweltschutz organisierte Royal dann den heutigen liberalen Präsidenten Emmanuel Macron. Er dankte es ihr nicht. Die Karriere dieser Jeanne d' Arc, wie sie genannt wird, schien vorbei zu sein.

Doch nun ist Royal, inzwischen 65 Jahre alt, zurück. Seit Ende Oktober, als ihr Buch "Was ich Ihnen endlich sagen kann" erschien - eine Mischung aus politischen Memoiren, Anekdotensammlung und feministischer Abrechnung mit dem Machismus der Pariser Politik -, ist sie pausenlos präsent, im Fernsehen und Radio, in Zeitungsinterviews und mit Kritik an Macron. Dem Präsidenten rät sie, den Protesten der sogenannten Gelb-Westen nachzugeben und die geplante Ökosteuer zu vergessen. Dies würde sozial Schwache kaum für den Umweltschutz gewinnen.

Was hat sie vor, Madame Royal?, fragen viele in Paris. "Sie ist eine Hauptfigur der Linken und der Umweltbewegung, daher kann sie einen solchen Zusammenschluss verkörpern", antwortet Olivier Faure, Chef des Parti Socialiste. Die Idee: Royal könnte als Spitzenkandidatin eines Linksbündnisses bei der Europawahl 2019 antreten. Sie selbst kokettiert damit, will sich aber erst im Januar entscheiden. Spannung gehört zum Geschäft.

Die in Senegal geborene, in Lothringen als Tochter eines Offiziers aufgewachsene Royal könnte mit ihrer Leidenschaft der moribunden moderaten Linken Leben einhauchen. Zwar hat sie sich in ihrer Karriere viele Feinde gemacht, die sie als egozentrisch und oberflächlich kritisieren. Doch sie versteht es, auch Menschen in strukturschwachen Gegenden und armen Banlieues zu erreichen, die sich sonst alleingelassen fühlen. Für den elitär wirkenden Macron und die selbsterklärte Rächerin der kleinen Leute, die Rechtsextreme Marine Le Pen, könnte Royal so bei der Präsidentschaftswahl 2022 zur gefährlichen Gegnerin werden.

Sie selbst schließt eine Kandidatur nicht aus. Und sie hat noch ein Versprechen einzulösen. Nach ihrer Niederlage 2007 gegen Sarkozy rief sie ihren Anhängern zu: "Ich werde euch zu neuen Siegen führen."

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