Profil:Scott Morrison

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(Foto: Sam Mooy/dpa)

Australiens neuer Premierminister ist rechts und zielbewusst.

Von Jan Bielicki

Den einen Job, den er immer anstrebte, hat Scott Morrison nie bekommen. Verteidigungsminister hätte er gerne werden wollen, der Polizistensohn aus Sydney hat einen Hang zu Militärischem und zu Uniformen. In den Regalen seiner Ministerbüros ließ er eine ganze Sammlung von Mützen und Hüten australischer Regimenter aufreihen. Am liebsten trägt er selbst allerdings die blaue Kappe des Rugbyklubs Cronulla Sharks, deren Spiele er als Besitzer der Dauerkarte mit der Seriennummer eins regelmäßig besucht, was er in den sozialen Medien gerne dokumentiert. Das passt zum Bild eines Politikers, der den Australiern in seiner ersten Rede als neuer Premierminister versprach: "Wir sind auf eurer Seite."

Das soll auch heißen: Ich bin einer von euch. ScoMo, wie Freunde und der eigene Facebook-Account ihn nennen, 50 Jahre alt, verheiratet seit drei Jahrzehnten mit der Krankenpflegerin Jenny, zwei Töchter, lebt in einer ganz normalen Mittelstandsgegend im Süden Sydneys. Er ist Gesicht einer nach eigenen Worten "neuen Generation" an der Spitze der regierenden Liberalen, ganz anders also als seine beiden Vorgänger, der rechte Raufbold Tony Abbott und der eloquente Multimillionär Malcolm Turnbull, der mit den Chardonnay-Linken aus Sydneys Glitterati-Vierteln stets besser auskam als mit den Konservativen der eigenen Partei.

Morrison hat beiden als Minister gedient, und als die jahrelange Fehde zwischen Turnbull und der Parteirechten um Abbott in der vergangenen Woche wieder einmal spektakulär eskalierte, war am Ende er der Profiteur. Nach Turnbulls Sturz stimmten die moderaten Abgeordneten für den bisherigen Schatzkanzler Morrison als neuen Partei- und damit Regierungschef - vor allem, um einen Aufstieg des rechten Hardliners und Innenministers Peter Dutton zu verhindern.

Doch so leicht lässt sich der neue Premier politisch nicht einordnen. "Wer zur Hölle ist Scott Morrison?", betiteln australische Medien gerne ihre Porträts über den Neuen. Das spielt auf Morrisons vorpolitische Tätigkeit an. Als Leiter der staatlichen Tourismusagentur verantwortete er einst einen TV-Werbespot, an dessen Ende eine junge Frau im Bikini aus dem Pazifik steigt und fragt: "Und wo zur Hölle bist du?" Weil sie im Original "bloody hell" fluchte, durfte das Filmchen im britischen Fernsehen nicht gezeigt werden - und erregte umso mehr Aufsehen.

Slogans kann er also. Das half Morrison auch bei seinem schnellen Aufstieg in der Politik. Nur zwei Jahre nach seinem Einzug ins Parlament 2007 war der ehrgeizige Neuling bereits Schattenminister für Immigration. Seine gegen Bootsflüchtlinge gerichtete Parole "Stoppt die Boote" bestimmte den Wahlkampf, der die Liberalen 2013 an die Macht brachte. Als Minister verschärfte Morrison Australiens ohnehin rigide Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge und schickte die Marine aus, um Bootsflüchtlinge abzufangen und in Lager in armen Pazifikstaaten zu verfrachten. Auch sonst gilt Morrison als deutlich konservativer als Turnbull. Er ist Mitglied einer evangelikalen Megakirche, und auch wenn er betont, sein persönlicher Glaube sei kein politisches Thema, hat er doch gegen die Einführung der Ehe für alle durch seinen Vorgänger gestimmt.

Nun hat er es eilig. Schon am Sonntag hat Morrison seine Ministerliste vorgelegt. Prominentestes Opfer der Kabinettsumbildung ist die bisherige Außenministerin und Vizeparteichefin Julie Bishop, unterlegene Dritte im Führungskampf der Liberalen. Morrisons ultrakonservativer Rivale Dutton dagegen behält sein Amt als Innenminister. Bis zur nächsten Wahl spätestens im Mai 2019 muss der Premier den internen Krach vergessen machen, will er seine liberal-nationale Koalition nicht in eine schwere Niederlage gegen die in allen Umfragen vorne liegende Labor-Partei von Oppositionschef Bill Shorten führen. Einen internen Slogan für die Wahlkampagne haben Morrisons Leute schon: "Kill Bill".

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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