Profil:Philipp Geist

Stadt Köln und die Polizei zu Vorbereitungen für Silvesternacht

Lichtkünstler, der an Silvester am Kölner Dom im Einsatz ist: Philipp Geist.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Lichtkünstler, der an Silvester am Kölner Dom im Einsatz sein wird.

Von Sebastian Fischer

Es gibt seit einem Jahr nicht mehr viele Menschen, die den Kölner Dom bedenkenlos als positives Symbol bezeichnen würden. Vielmehr ist die Kathedrale seit der vergangenen Silvesternacht weltberühmt als Kulisse für Hunderte sexuelle Übergriffe auf Frauen und als Schauplatz der Gewalt. Der Künstler Philipp Geist jedoch nennt den Dom einen "Fels in der Brandung". Denn es ist gerade sein Job, ein neues Bild zu erschaffen, eines, das die dunklen Erinnerungen vertreibt.

Geist, 40, ist Lichtkünstler. Er hat die Christus-Statue in Rio grell beleuchtet, den Azadi-Tower in Teheran, den Königspalast von Bangkok und eine Pusteblume in Berlin. In der Silvesternacht illuminiert er nun die Domplatte und die angrenzenden Fassaden. Am Mittwoch hat er mit den Aufbauarbeiten von zehn Bild- und sieben Videoprojektoren begonnen, die künstlichen Nebel mit Bildern anstrahlen und einen Wortteppich auf den Boden projizieren werden. Der Tatort aus dem Vorjahr ist diesmal nicht nur von Hunderten Polizisten und Ordnern bewacht und feuerwerksfrei, sondern auch bunt. 180 000 Euro zahlt die Stadt für die Lichtinstallation.

Die Reaktionen in Köln waren zwar nicht begeistert, in den Kommentaren der Lokalzeitungen war stattdessen vom Wunsch nach einem großen Konzert zu lesen. Doch dann sind viele Bürger Geists Einladung gefolgt, sich mit ihren ganz persönlichen Schlüsselwörtern für das neue Jahr am Projekt zu beteiligen. Die Einsendungen, mehr als tausend, seien bis auf einen bösen Anruf und eine E-Mail positiv gewesen, sagt Geist.

"Anstand" und "Rechtsstaatlichkeit" wird nun am Silvesterabend unter anderem auf der Domplatte zu lesen sein, "Gastfreundschaft", aber auch "Poldi", der Rufname des liebsten kölschen Fußballers, Lukas Podolski. Für Begriffe in rheinischer Mundart hat sich Geist, aufgewachsen in Weilheim in Oberbayern und in Berlin lebend, ein Wörterbuch gekauft.

Einerseits hat die Sicherheit der Feiernden oberste Priorität: Am Donnerstag wurde nach einer Demonstration der NPD auch eine für Silvester angemeldete Veranstaltung der AfD auf dem Bahnhofsvorplatz verboten, zu groß ist den Behörden das Risiko der Konfrontation mit Gegendemonstranten. Bei der Präsentation am Mittwoch saß Geist zwischen dem Kölner Polizeipräsidenten und dem Chef der örtlichen Bundespolizeidirektion; wie er da mit feiner Stimme und im Kapuzenpulli über sein Projekt sprach, wirkte er wie ein Balletttänzer im Fußballstadion. Doch dieser Künstler ist sich der Bedeutung seiner Rolle bewusst. Es gehe auch darum, dass sich die Kölner den Raum vor dem Dom zurückeroberten, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Geist sagt: "Sicherheit zu vermitteln ist gut. Aber sichtbare Sicherheit ist kontraproduktiv." Sollte am Samstagabend, an dem wohl am besten bewachten Ort Deutschlands, tatsächlich Gefahr drohen, kann er seine Projektoren auf Weißlicht umschalten.

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