Vieles, was man gemeinhin typisch amerikanisch nennt, bringt dieser Mann mit. Er ist unkompliziert, freundlich, hilfsbereit und von unerschütterlichem Enthusiasmus für seine Aufgabe. Die hat es in sich: Nikolai Bloyd, 42, muss am Sonntag und Montag mit seinen rund 300 Mitarbeitern einige der wichtigsten Politiker der Welt mitsamt Gefolge zufriedenstellen. Der gebürtige Kalifornier ist General Manager, oder auch: Direktor, des Hotels Schloss Elmau, also der wichtigste Mann fürs Operative hinter Besitzer Dietmar Müller-Elmau.
Die professionelle Verbindung hat eine familiäre Tradition. Denn Bloyds Mutter arbeitete schon für Müller-Elmaus Vater im Schloss. Und doch war es ein beachtlicher transatlantischer Umweg, der letztlich auch die Söhne zusammenführte. Bloyds Mutter hatte Deutschland 1960 verlassen, war zunächst als Physiotherapeutin mit der deutschen Mannschaft zu den Olympischen Winterspielen in Squaw Valley gereist und danach in Kalifornien geblieben. Sie heiratete einen Amerikaner und gründete einen Kindergarten. Die Verbindung in die Heimat blieb jedoch erhalten, fast jedes Jahr, so erinnert sich Bloyd, reiste die Familie erst nach Hessen, wo die Mutter ursprünglich herkam, und dann weiter nach Schloss Elmau, wo noch eine Tante arbeitete.
Wenn Bloyd aus seinem Leben und über das Hotel erzählt, entschuldigt er sich oft für sein Deutsch, obwohl er es besser spricht als die meisten Deutschen Englisch - und das auch noch sehr schnell. Bloyd studierte amerikanische Geschichte, Strafrecht und Archäologie und landete - möglicherweise genetisch bedingt - wie seine Mutter im Hotelgeschäft. In einem Luxus-Resort im Napa Valley in Kalifornien, einem der bekanntesten Weinanbaugebiete in den USA, stieg er in eine Managementposition auf, erwarb ein Zertifikat als Sommelier und wurde schließlich Direktor für den Bereich Essen und Trinken in einem Haus am Fuß der Rocky Mountains.
Dann kam der 11. September 2001. Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington geriet der Tourismus in den Vereinigten Staaten in gewaltige Schwierigkeiten. Der Luftverkehr war über Monate eingeschränkt, die Angst vor weiteren Anschlägen groß. Bloyd schrieb an Müller-Elmau, der mittlerweile in die Geschäftsführung des Schlosshotels eingerückt war. Der konnte den jungen Mann gut brauchen. Drei Jahre lang arbeitete Bloyd als Müller-Elmaus Assistent, bevor er 2005 wieder nach Kalifornien zog und erstmals selbst ein Hotel führte.
2010 holte Müller-Elmau, der sein Schlosshotel nach einem Brand komplett umgebaut und modernisiert hatte, Bloyd endgültig nach Oberbayern. Bloyd, verheiratet und Vater von zwei Kindern, wurde der erste Amerikaner, der ein deutsches First-Class-Hotel leitete.
Nun arbeitet Bloyd wieder in dem Land, aus dem nicht nur seine Mutter, sondern auch einige seiner Lehrer kamen. Deutsche Hoteliers sind international anerkannt und leiten vielerorts führende Häuser. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat bei manchem Staatsbesuch in Herbergen übernachtet, in denen Deutsche die Verantwortung trugen. Nun logiert sie während des G-7-Gipfels im eigenen Land in einem Haus unter amerikanischer Führung.
Für den Gipfel hat Bloyd seine Belegschaft in drei Schichten eingeteilt. Rund um die Uhr soll es den Gästen, zu denen auch Dutzende Mitarbeiter und unzählige Sicherheitsleute gehören, an nichts fehlen. Angela Merkel und Kollegen wohnen in Suiten in einem Neubau auf dem Hotel-Gelände, dem sogenannten Retreat. Es gibt ein Spa mit Saunen, Pools und Fitnessräumen. Frühstücken können die Herrschaften auf einer großen Terrasse. Und im Restaurant sitzt man in Drehstühlen, sodass Barack Obama sich dem Wetterstein-Massiv zuwenden kann, wenn er Merkel nach einigen Stunden Gipfel mal nicht mehr sehen kann.