Profil:Nick Hornby

Profil: Britischer Pop-Literat und Drehbuchautor mit Oscar-Nominierung: Nick Hornby.

Britischer Pop-Literat und Drehbuchautor mit Oscar-Nominierung: Nick Hornby.

(Foto: Reuters)

Britischer Pop-Literat und Drehbuchautor mit Oscar-Nominierung.

Von David Steinitz

"Seit bald 25 Jahren sitze ich allein in meinem Zimmer und schreibe Romane - deshalb tue ich derzeit wirklich alles dafür, um mal rauszukommen." So erklärt der britische Bestseller-Autor Nick Hornby kurz vor der Oscar-Verleihung am Sonntagabend seine derzeitige Zweitkarriere als Drehbuchautor. Er ist für das Skript zum gnadenlos romantischen Melodram "Brooklyn" nominiert, für das er den gleichnamigen Roman des Iren Colm Tóibín adaptiert hat. Die Geschichte handelt von einem schüchternen Mädchen, das in den Fünfzigerjahren in Irland aufs Schiff steigt und nach New York emigriert, wo es sich in einer wilden Liebesgeschichte verheddert. Beim Film, sagt Hornby, der das Eremitenleben in seiner Londoner Schreibstube ein wenig satthat, müsse man sich mit so vielen Leuten treffen und Rücksprache halten, was seiner Einsiedlerarbeit sehr guttue.

Berühmt wurde der 58-Jährige in den Neunzigerjahren mit seinen Büchern "Fever Pitch" und "High Fidelity". Darin verarbeitete er fröhlich autobiografisch die größten Probleme, die ein junger Mann ohne Kinder und ernsthafte Krankheiten haben kann: Fußball und Frauen.

Hornbys frühe Romane waren Popliteratur im streng wörtlichen Sinn: Wie man seine Plattensammlung sortiert und welche Songs am besten Liebeskummer kurieren - das waren Fragen, die er mit dem trockenen Humor des genialen Beobachters und manischen Musikliebhabers beantwortete; weshalb die Bücher auch so perfekt in die Lässigkeit und Selbstverliebtheit der "Cool Britannia"-Jahre passten, als die Charts vom Britpop beherrscht wurden und der jugendliche Premier Tony Blair den Staub der grauen Thatcher-Jahre aus der Politik vertrieb. Mit Mitte dreißig war Hornby der absolute Rockstar der britischen Literaturszene, und seine Bücher verkauften sich weltweit in Millionenauflagen.

Heute freilich liest sich ein Werk wie "High Fidelity" über den liebeskranken Plattenhändler Rob fast schon historisch - denn solche analogen Nerds hat das digitale Zeitalter eiskalt erlegt. Der stoische Ironiker Hornby schrieb zum Jubiläum seines irren Bestsellers im vergangenen Jahr in der Süddeutschen Zeitung: "Das Buch ist jetzt zwanzig Jahre alt, und die technischen Errungenschaften der letzten fünfzehn Jahre lassen es zu Recht aussehen wie eine Geschichte über Hufschmiede oder Milchmänner."

Die Interessen des Schriftstellers, der vor seinen ersten Buchveröffentlichungen als Englischlehrer und Journalist arbeitete, haben sich aber ohnehin längst gewandelt. Die Protagonisten seiner Romane sind keine neurotischen Jungmänner mehr, die um sich selbst kreisen. Im Gegensatz zu vielen anderen, etwas festgefahrenen Vertretern der Popliteratur - gerade auch in Deutschland - hat Hornby den Absprung zu größeren Panoramen und bunteren Figuren gewagt. In Romanen wie "A Long Way Down" hat das prächtig funktioniert - nicht zuletzt, weil sein Talent fürs Komische, für pointierte Alltagsbeobachtungen im Lauf der Jahre immer schärfer geworden ist.

Nach den rotzigen Jungsjahren in seinem Frühwerk schreibt Hornby mittlerweile zudem lieber über Frauenfiguren, weil er die interessanter findet. Das spiegelt sich auch in seiner Arbeit als Drehbuchautor wider. Drei Filmdrehbücher hat er jenseits seiner Romanarbeit in den vergangenen Jahren geschrieben: die traurigkomische Coming-of-Age-Story "An Education" mit der die Schauspielerin Carey Mulligan ihren großen Durchbruch hatte und für die er 2010 seine erste Oscar-Nominierung bekam; den Selbstfindungstrip "Wild" mit Reese Witherspoon in der Hauptrolle; und nun die Romanze "Brooklyn". Bei allen stehen weibliche Protagonisten im Mittelpunkt. Aber wenn man eine Jungenschule besuchen musste, kommentiert Hornby diese Entwicklung, komme man da natürlich mit einem gesteigerten Interesse an Frauen wieder raus.

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