Profil:Michail Saakaschwili

Micheil Saakaschwili
(Foto: Czarek Sokolowski/dpa)

Staatenloser Ex-Präsident, Blockadebrecher und nun im Kampf seines Lebens.

Von Florian Hassel

Antikorruptionsaktivist, Präsident und Kämpfer gegen den Kreml - Michail Saakaschwili, 49, hat in seiner politischen Karriere schon einiges erlebt. Doch die Rolle eines staatenlosen Ex-Gouverneurs, der gern erneut Präsident wäre, der aber auch im Gefängnis landen könnte - die ist neu.

Saakaschwilis politischer Stern ging zur Jahrtausendwende auf: Da machte in der ehemals sowjetischen Kaukasusrepublik Georgien Präsident Eduard Schewardnadse den in New York ausgebildeten Nachwuchsjuristen mit 33 Jahren zum Justizminister. Saakaschwili, Volkstribun und charismatischer Redner, wetterte gegen Korruption, auch gegen die von Kabinettskollegen. Als der Präsident ihm nicht folgen wollte, trat er zurück, stürzte den autokratisch regierenden Schewardnadse und wurde 2004 selbst Präsident. Saakaschwili schaffte Georgiens korrupte Verkehrspolizei ab und zog etliche Investoren an, vor allem aus den USA, die ihn stützten.

Doch auch Saakaschwili zeigte bald das Autokratensyndrom: Seine Minister erpressten Geschäftsleute, Justiz und Opposition gerieten unter - auch gewaltsamen - Druck. Saakaschwili ließ einen neuen Präsidentenpalast bauen und regierte in Tiflis als kleiner Sonnenkönig. 2008 schickte er seine kleine, von US-Beratern modernisierte Armee in die Regionen Abchasien und Südossetien, die zwar völkerrechtlich zu Georgien gehören, aber von Russland kontrolliert werden. Saakaschwili fing sich eine krachende Niederlage ein.

2013 zog er nach Ende seiner Präsidentschaft schnell wieder nach New York: In Georgien hat der Staatsanwalt Saakaschwili wegen "geheimer" Ausgaben von knapp drei Millionen Euro für englische Kaschmirmäntel und Luxusuhren, die Miete von Hubschraubern und Segelyachten, spanische Leibköche, Fotomodelle und Massagekünstler, Haarbehandlungen und Botox-Spritzen der Unterschlagung angeklagt.

2015 tauchte Saakaschvili an unerwarteter Stelle wieder auf: Ukraines Präsident Petro Poroschenko gab Saakaschwili einen Pass und ernannte ihn zum Gouverneur von Odessa. Wieder präsentierte sich Saakaschwili als Kämpfer gegen Korruption - und wirkte bis in die Staatsspitze um Poroschenko selbst hinein. Ende 2016 trat Saakaschwili als Gouverneur zurück, gründete eine Partei und verkündete, seine Aufgabe in der Ukraine sei "höher als der Posten des Ministerpräsidenten". Als Antwort entzog Poroschenko Ende Juli dem möglichen Konkurrenten die Staatsbürgerschaft - ein offenbar rechtswidriger Akt.

Am Sonntag ging Saakaschwili aufs Ganze: Umringt von Hunderten Anhängern und Ex-Premierministerin Julia Timoschenko durchbrach er eine gegen ihn aufgebaute Sperre an der Grenze von Polen zur Ukraine. Jetzt will er von Lemberg aus vor Gericht gegen den Entzug der Staatsbürgerschaft kämpfen. Dabei geht es wohl auch um seine Freiheit. Georgien verlangt seine Auslieferung, um ihm den Prozess wegen Amtsmissbrauch und Unterschlagung zu machen.

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