Profil:Michał Kurtyka

Der Präsident des Klimagipfels in Kattowitz steht vor seiner finalen Bewährungsprobe.

Von Michael Bauchmüller

Michal Kurtyka
(Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa)

Das Holzhämmerchen hat Michał Kurtyka schon in Händen gehalten. Es ist ein zierliches Gerät, diesen Freitag wird es Kurtykas wichtigstes Utensil sein. "Ein kleiner Hammer", hat sein Vorvorgänger Laurent Fabius mal darüber gesagt, "aber man kann große Dinge damit machen." Das war 2015, nach Abschluss des Pariser Klimagipfels. Der Schlag des Hammers besiegelte den Vertrag und Fabius' Erfolg.

Kurtyka ist kein Außenminister wie der Franzose Fabius, die Konferenz findet in der Kohlestadt Kattowitz statt und nicht im weltoffenen Paris. Aber mit dem Hammerschlag soll Kurtyka als Präsident des Klimagipfels den Kern des Pariser Abkommens besiegeln: die Regeln für den globalen Klimaschutz. Es geht um Transparenz zwischen den Staaten, um Verlässlichkeit bei Hilfen für Opfer des Klimawandels, um neue, bessere Zusagen der Staaten, alles im Kampf gegen die Erderwärmung zu tun. Das ist eine große Mission für einen, den selbst in Polen bis vor Kurzem kaum einer kannte.

Kurtyka, 45, ist kein Minister, sondern Staatssekretär - ungewöhnlich für den Kopf einer UN-Konferenz, auf der sich Minister aus aller Welt tummeln. Aus Sicht Polens aber ist er die ideale Besetzung. Der promovierte Ökonom hat an einer französischen Eliteuni studiert und einst Polens EU-Beitritt mit ausgehandelt. Er spricht fließend Englisch und Französisch, und zu seinem Büro im polnischen Energieministerium fährt er mit dem Rad. Kurtyka ist das freundliche Gesicht der polnischen Regierung. Doch vieles von dem, was diese Konferenz erreichen will, lehnt die Regierung in Warschau ab.

Wissenschaftler und besonders betroffene Staaten pochen darauf, viel entschiedener gegen die Erderwärmung vorzugehen, Emissionen noch schneller zu senken als geplant. In Polen aber entstehen neue Kohleminen und Kohlekraftwerke, vom Ende der Kohle will Präsident Andrzej Duda nichts wissen. Michał Kurtyka dagegen spricht von "einer neuen Ära", die weltweit anbrechen müsse. "Sonst bringen wir den Planeten in Gefahr."

Hat die polnische Regierung einen erklärten Klimaschützer zum Präsidenten der Konferenz gemacht? Oder spielt Kurtyka diese Rolle nur besonders begnadet? Die Meinungen gehen weit auseinander. Hinter den Kulissen, klagen Verhandler, habe Kurtyka die Gespräche lange schleifen lassen. Von Chaos ist die Rede, von "unglaublicher Inkompetenz". Andere schwärmen von der ruhigen Verhandlungsführung Kurtykas. "Mein Job ist, die richtige Umgebung für den richtigen Kompromiss zu schaffen", sagt er selbst. Und der soll diesen Freitag stehen. Oder in der Nacht zu Samstag. Oder Sonntag.

Bevor Kurtyka final das Hämmerchen schwingen darf, muss er viele Interessen unter einen Hut bringen. Es gibt Staaten, die drängen auf starke Regeln im Klimaschutz, und welche, die diese Regeln nur für andere fordern. Es finden sich Staaten, die Klimaschutz sabotieren, und viele, denen er nicht schnell genug gehen kann. Arme Staaten wollen Finanzzusagen, reiche zieren sich, diese zu geben. Die Sache wird nicht leichter dadurch, dass Entscheidungen im Kreis der Vereinten Nationen nur einstimmig fallen. Überall lauert der größte Gegner der Klimapolitik: der kleinste gemeinsame Nenner. Es gibt Minister, die schon jetzt unken, kein Resultat sei besser als ein schlechtes.

Kurtyka versichert, er habe sich auf kurze Nächte vorbereitet. Am Ende wird er Kontrahenten zusammenführen müssen, und es ist auch Sache des Präsidenten, Kompromisse auszuloten. Damit hat Kurtyka Erfolg oder Misserfolg des Gipfels in der Hand. Ob er, ungeachtet der großen Worte, wirklich einen Erfolg für das Klima will, darüber rätseln auch Insider.

Immerhin, das Schicksal seines polnischen Vorgängers blieb Michał Kurtyka bisher erspart. 2013 war Polen ebenfalls Gastgeber, Präsident war der damalige Umweltminister. Wenige Tage vor Abschluss der Konferenz flog er aus der Regierung.

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