Profil:Martin Kobler

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Martin Kobler: Leidenschaftlicher Diplomat und UN-Vermittler für Libyen.

(Foto: Giorgio Onorati/dpa)

Leidenschaftlicher Diplomat mit Krisenerfahrung und UN-Vermittler für Libyen.

Von Stefan Braun

Es ist ein ziemlich bunter Haufen junger Deutscher, die an diesem Tag in den Gazastreifen möchten. Besonders erfahren sind die meisten nicht, besonders ehrfürchtig sind sie auch nicht. Die Lage zwischen Israelis und Palästinensern ist zwar entspannter als sonst so. Aber Gaza bleibt Gaza, und jede Visite vor allem in den Flüchtlingslagern bleibt heikel.

Aus diesem Grund hätte es an diesem Morgen im Juni 1995 niemanden überrascht, wenn der deutsche Gesandte ernst und streng und mahnend aufgetreten wäre. Garniert mit einer Spur an Überheblichkeit, die man bei deutschen Diplomaten nicht immer zu Unrecht vermutet. An dem Tag aber tritt in Jerusalem einer auf, der davon so gar nichts mitbringt. Stattdessen setzt sich Martin Kobler mit aufgekrempelten Ärmeln an den Tisch, freut sich über die Neugier der Gäste und sprudelt los, als wolle er in fünf Minuten 50 Jahre Gaza-Geschichte loswerden. Kein eitler Geck, sondern einer, der leidenschaftlich redet, wirbt, sich kümmert. Ziemlich ungewöhnlich für einen Diplomaten.

Zwanzig Jahre sind seither vergangen. Zwanzig Jahre, in denen aus dem Gesandten von Jericho ein UN-Spitzendiplomat wurde. Seit November vermittelt er im Namen der Vereinten Nationen in Libyen. Und das zählt neben dem Irak, Afghanistan und Syrien zu den gefährlichsten und schwierigsten Pflastern, die einem Diplomaten angetragen werden können.

Seit dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi liegt das Land politisch in Trümmern, ist in mehrere Machtzentren zerfallen und wird als Hinterland für die IS-Terrormilizen immer bedrohlicher. Kaum irgendwo sonst wäre es also wichtiger, die zerstrittenen Kräfte zusammenzubringen. Zusagen verschiedener Seiten geben jetzt leise Hoffnung; vorbereitet von Koblers Vorgänger soll bald ein erstes Abkommen unterzeichnet werden. Aber ob aus dem zerfallenen Libyen wirklich ein friedliches Land werden kann, ist völlig offen.

Kobler freilich soll genau das hinbekommen. Bescheidener ausgedrückt: Er soll es versuchen. Und es gibt nur wenige Diplomaten, die darauf besser vorbreitet wären. Kobler leitete unter anderem die Botschaften in Kairo und Bagdad, bevor er 2010 zu den UN wechselte. Für sie übernahm er erst in Afghanistan, dann im Irak ähnlich schwierige Aufgaben, wie sie ihm jetzt blühen. 2013 ging er als Chef der UN-Friedensmission in den Ostkongo, auch das ein Job, der mühsam ist, einen stählt, aber selten Lohn abwirft für den risikoreichen Einsatz.

Trotzdem hat Kobler sofort Ja gesagt, als Ban Ki Moon ihn jetzt fragte. So wie er 1998 zusagte, als Joschka Fischer ihn in sein Ministerbüro holte. Kobler steht den Grünen nahe. Ein Pazifist aber ist er nicht. Als im Kongo eine Rebellentruppe alles torpedieren wollte, beschloss Kobler, die UN-Blauhelme gegen sie einzusetzen. Eine Premiere in der UN-Geschichte. Seine Begründung: Man kämpfe für Menschenrechte und gegen sexuelle Gewalt, da könne man "ruhig radikal sein".

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