Profil:Martin Jäger

Martin Jäger; Martin Jäger

Schäubles Stratege, der die CDU wieder zur CDU machen soll: Martin Jäger.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Schäubles Stratege, der die CDU wieder zur CDU machen soll.

Von Cerstin Gammelin

Es gibt Menschen, die denken strategischer als andere. Vordenker dieser Art sind in den Cheftagen von Wirtschaft und Politik zu finden. Sie sind kaum sichtbar und bestimmen doch maßgeblich mit. Einer dieser universellen Strategen ist derzeit noch Chef des Planungsstabes von Wolfgang Schäuble im Bundesfinanzministerium. Martin Jäger, 52 Jahre, Ex-Diplomat, ist politisch so wertkonservativ, dass sein Minister neben ihm gelegentlich als Liberaler erscheint. Jäger jedenfalls war es, der neben den Regierungsgeschäften im Finanzministerium stets Schäubles parteipolitische Karriere als Grandseigneur der Union mitdachte. Wie zuletzt, als der Bundesfinanzminister formal den Bundeshaushalt 2017 in das Parlament einbrachte - aber de facto eine Regierungserklärung abgab.

The brain, wie Jäger im Politikbetrieb der Hauptstadt genannt wird, gibt nun seinen Posten an Schäubles Seite im Bundesfinanzministerium auf, um in die Landespolitik nach Baden-Württemberg zu wechseln. Das mag zunächst überraschen. Tatsächlich kann von Abschied keine Rede sein. Jägers Wechsel nach Stuttgart ist ein bundespolitisches Signal. Er verlässt das Bundesfinanzministerium, in dem die Arbeit weitgehend getan ist, um das nächste große Projekt anzugehen: die Vorbereitung der Bundestagswahl 2017. Wenn die Union in diesen Wahlen nicht weiter schrumpfen will, muss der Süden der Republik die Stimmen liefern. Ganz besonders die CDU in Baden-Württemberg.

Jägers neuer Job ist auf dieses Ziel zugeschnitten, inhaltlich wie machtpolitisch. Er wird in Stuttgart die extra für ihn geschaffene Stelle eines weisungsbefugten Staatssekretärs im Innenministerium übernehmen, also operativ verantwortlich sein für Landespolizei, Verfassungsschutz und für die Abschiebung von Flüchtlingen, alles genuine Themen der Union. Macht Jäger den Job gut, kann sich das in Wählerstimmen niederschlagen. Zudem hält er seinem Chef, Innenminister Thomas Strobl den Rücken frei, damit der als Vize-Regierungschef nicht im Schatten des grünen Landesvaters Winfried Kretschmann verschwindet. Wenn es klappt, Grün-Schwarz im Ländle erfolgreich zu machen, so das Kalkül, könnte es eine Koalition aus Union und Grünen im Bund befördern.

In das Bild passt, dass Wolfgang Schäuble keine 24 Stunden später nach Jägers angekündigtem Wechsel erklärt, dass er weitermachen und sich wieder um das Direktmandat in Offenburg bewerben will. Wird Schäuble Spitzenkandidat der CDU in Baden-Württemberg, wird Jäger praktisch für ihn Wahlkampf machen. Und, wenn es mit einer Regierungskoalition klappt, 2017 womöglich in ein Ministeramt wechseln. Angesprochen auf diese Option, zieht es der verheiratete, zweifache Familienvater freilich vor zu schweigen. Keine Kommentare, keine Interviews. Stattdessen wird es wohl viele vertrauliche Runden in Schäubles Familienkreis geben. Denn Jägers Dienstherr Strobl ist zugleich der Schwiegersohn Schäubles.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: