Profil:Mariana Harder-Kühnel

Mariana Iris Harder-Kühnel
(Foto: Boris Roessler/dpa)

AfD-Mitglied und Kandidatin für das Amt der Bundestags-Vizepräsidentin.

Von Jens Schneider

Sie sei "AfD pur". Das bekommt zur Antwort, wer die 44-jährige Rechtsanwältin Mariana Harder-Kühnel fragt, wo sie in dieser Partei stehe, die nun seit gut einem Jahr ganz rechts im Bundestag sitzt. Sie spricht dabei auffällig leise. Und wirkt, wie bei ihren Reden zur Familienpolitik im Bundestag, unaufgeregt, womit sie nicht dem krawalligen Bild entspricht, das in diesem einen Jahr oft als "AfD pur" zu erleben war. Harder-Kühnel zählt damit zu denen in der 92-köpfigen AfD-Fraktion, die bisher kaum aufgefallen sind. Sie werde ja als gemäßigt beschrieben, sagt sie. Es ist kein Zufall, dass die Fraktionsspitze eine Frau mit diesem Profil am Donnerstag im Bundestag zur Wahl stellte - als Kandidatin für das Amt einer Bundestagsvizepräsidentin.

Gut ein Jahr liegt es nun zurück, dass Albrecht Glaser, der erste Kandidat der AfD für diesen Posten, im Bundestag krachend scheiterte. Nach der Geschäftsordnung des Parlaments soll jede Fraktion einen der Vizepräsidenten stellen können. Aber sie müssten nicht jeden wählen, erklärten die anderen Fraktionen, als sie Glaser in drei Abstimmungen durchfallen ließen. Sie lasteten ihm an, dass er in einer Rede dem Islam das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Religionsfreiheit abgesprochen hatte. Die AfD solle jemanden anders aufstellen. Die rechte Partei stellte sich hinter Glaser, ließ den Posten unbesetzt und beklagte sich, sie werde unfair behandelt. Es bringe ihr Wählerstimmen, findet Fraktionschef Alexander Gauland, und so warteten sie also bis nach den Landtagswahlen im Herbst, bevor eine neue Kandidatin nominiert wurde.

Anfang November bestimmte die Fraktion die aus Gelnhausen im Main-Kinzig-Kreis in Hessen stammende Mutter von drei Kindern als ihre Bewerberin. Am nächsten Morgen betonte die Juristin, dass sie eine Vizepräsidentin für alle Abgeordneten sein wolle. "Ich möchte ausgleichen und natürlich auch zwischen uns und den anderen Fraktionen vermitteln", sagte sie. Und ließ Distanz zu den Aussagen des gescheiterten Vorgängers Glaser erkennen: Die Religionsfreiheit sei ein Grundrecht, das niemandem entzogen werden könne. Dem privaten Gläubigen müsse dieses Recht zustehen.

In die AfD ist Harder-Kühnel bereits in den Gründungsmonaten eingetreten, im April 2013. Sie war zuvor parteilos, hatte nach dem Studium in Gießen zunächst bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young gearbeitet und war 2010 nach acht Jahren in eine Anwaltskanzlei gegangen. 2015 wechselte sie erneut und widmet sich seither in einer Kanzlei in Gründau-Lieblos in ihrer Heimat den Fachgebieten Zivilrecht und Arbeitsrecht.

Für die AfD-Fraktion ist sie familienpolitische Sprecherin. Sie warb für die Unterstützung von Familien und "eine Willkommenskultur für Kinder". Und kritisierte, dass Eltern durch hohe Abgabenlast zur Berufstätigkeit gezwungen würden - es gebe einen "Druck zur Fremdbetreuung". Kinder sollten, verlangt sie, "nicht länger als karrierehemmender Ballast dargestellt werden, sondern als die wunderbare Bereicherung, die sie wirklich sind."

Mit Blick auf die Zahlungen von Kindergeld in andere EU-Länder forderte sie, dass diese Zahlungen an die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes angepasst werden. AfD pur - dazu gehört für Harder-Kühnel auch die Klage über, wie sie es nennt, die "staatliche Frühsexualisierung der Kinder in der Schule".

Für das Präsidium bewarb sie sich mit den Worten, sie bringe "Sachlichkeit, Neutralität und Ausgewogenheit" mit. Sie fungierte bereits als eine der Schriftführerinnen des Parlaments. Ihre Wahl zur Vizepräsidentin galt schon vorab als äußerst unsicher. So betonte die SPD direkt nach Bekanntwerden der Kandidatur, dass sie niemanden von der AfD wählen werde, solange die Partei sich nicht von rechtsradikalen Kräften distanziere. Im ersten Wahlgang am Donnerstagabend scheiterte Harder-Kühnel klar, sie erhielt nur 223 von 654 Stimmen.

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