Profil:Margarethe Vestager

EU Competition Commissioner Vestager attends a meeting of the EU's executive body in Brussels

Margarethe Vestager: EU-Wettbewerbskommissarin mit einem neuen, großen Gegner.

(Foto: Francois Lenoir/Reuters)

EU-Wettbewerbskommissarin mit einem neuen, großen Gegner: Google.

Von Cerstin Gammelin

Es war ein Auftritt ganz nach Maß. Helles Kleid, dezenter Schmuck, moderner Kurzhaarschnitt - und eine klare Botschaft. Die aus Dänemark stammende EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager stieg am Mittwoch in Brüssel auf das Podium, um den aus aller Welt versammelten Reportern zu verkünden, dass sie gewillt ist, dem marktbeherrschenden US-Internetkonzern Google den Kampf anzusagen. Europäer, die im Internet über Googles Suchmaschine einkaufen gehen, sollen künftig unter allen Anbietern auswählen können und nicht mehr wie bisher vor allem Google-Produkte vorgesetzt bekommen. Was Margrethe Vestager nicht sagte, was aber deutlich zu hören war: Europa ist nicht mehr bereit, das Internetgeschäft den Amerikanern zu überlassen.

Die 47 Jahre alte Vestager hat in ihrem politischen Leben schon einige Kämpfe bestanden. Dazu trägt ganz wesentlich ihr Auftreten bei. Sie ist machtbewusst, eloquent und charmant. Sie versteht es, ihre Umgebung durch unerwartete Gesten für sich einzunehmen. Wer sie interviewen will, dem stellt sie zuerst Fragen über das private Umfeld. Bei der Anhörung, die sie vorigen Herbst im EU-Parlament zu bestehen hatte, um das Amt als Wettbewerbskommissarin antreten zu dürfen, griff sie kurzerhand zum Smartphone und fotografierte ihrerseits die Fotografen und Kameraleute, die sie dauernd ablichteten.

Als Vestager im vergangenen Jahr nach Brüssel wechselte, flüsterten sich viele Dänen zu, die eigentliche Ministerpräsidentin verlasse das Land. Denn als solche wurde die sozialliberale Finanzexpertin, die ihre Partei 2011 mit einem traumhaften Wahlergebnis in die Regierung führte, von vielen Landsleuten gehandelt. Drei Jahre arbeitete die Ökonomin als Wirtschafts- und Innenministerin, bevor sie 2014 als Wettbewerbskommissarin einen der mächtigsten Posten in der europäischen Gesetzgebungsbehörde bekam.

Das politische Geschäft versteht die Dänin gut genug, um geschickt Stolpersteine zu umgehen. So verweigert sie freundlich die Auskunft darüber, wie groß ihr Team ist, das sich mit unerlaubten Kartell- und Steuerabsprachen beschäftigt - weil sie weiß, dass von so schlichten Fakten wie dem Personalbestand die Glaubwürdigkeit abhängt. Politisch rücksichtsvoll agiert sie bei ihren Untersuchungen zu unerlaubten Steuerdeals. Sie stand loyal zu Kommissionschef Jean-Claude Juncker, als die Lux-Leaks-Affäre hochkochte. Und sie hält Steuerkommissar Pierre Moscovici den Rücken frei, der laut EU-Vertragswerk gegen einige Staaten bereits Verfahren wegen Vertragsverletzung hätte einleiten müssen. Als sie am Mittwoch in Brüssel Google den Kampf ansagte, fiel kein Wort darüber, dass vor allem europäische Konkurrenten wie der ins digitale Geschäft investierende Springer-Konzern massiv zum Handeln drängen - weil sie ihre Produkte besser verkaufen wollen.

Margrethe Vestager ist verheiratet und hat drei Töchter.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: