Profil:Luigi Di Maio

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(Foto: Francisco Seco/AP/dpa)

Der politische Blitzaufsteiger stürzt nun rasant ab.

Von ULRIKE SAUER

Ein Phantom geht um in der Farnesina, dem Monumentalbau unweit des römischen Tiber-Ufers. Luigi Di Maio, seit September Hausherr in dem 1300-Zimmer-Palazzo, lässt sich nur selten blicken. Der unter Mussolini erbaute Travertin-Palast ist Sitz des italienischen Außenministeriums. Dessen Chef ist nun seit vier Monaten tatsächlich Di Maio, der 33-jährige Anführer der Fünf-Sterne-Bewegung. Er hätte sich vor der Aufgabe gern gedrückt.

Das liegt auch daran, dass der politische Blitzaufsteiger aus dem süditalienischen Pomigliano d'Arco höher hinauswollte. Nach dem Bruch seiner Koalition mit Matteo Salvini und dessen Lega im vergangenen Sommer strebte er das Amt des Premiers oder Vize-Premiers in der neuen Regierung mit dem sozialdemokratischen PD an. Der Job in der Farnesina ist für ihn unattraktiv. Denn es fällt dort schwer, Volksnähe vorzutäuschen.

Auch sein dogmatischer Dilettantismus, der als Ausweis seiner Distanz zu den Eliten dient, ist dort besonders deplatziert. Einfache Lösungen für komplexe Probleme gibt es in der Außenpolitik mindestens ebenso wenig wie in der Industrie- und Arbeitspolitik, für die Di Maio in der Koalition mit Salvini verantwortlich war. Damals bejubelte er auf dem Balkon des Regierungssitzes die Abschaffung der Armut. Das ging schief; und sein Auftritt verschreckte die Anleger und kostete wegen des Zinsanstiegs für römische Staatsanleihen die Steuerzahler Milliarden.

Im Außenamt ist populistische Rhetorik völlig wirkungslos. Der Minister kann schlecht die Abschaffung des Kriegs in Libyen ausrufen, der 260 Seemeilen vor der italienischen Küste eskalierte. Auf der Libyen-Konferenz in Berlin zeigte sich gerade, dass Rom in dem Stellvertreterkrieg in der italienischen Ex-Kolonie nichts mehr zu melden hat. Selbst wenn es gelänge, eine UN-Friedensmission unter italienischem Kommando in das Land zu entsenden, würde passieren, was seit dem Regierungseintritt der Fünf Sterne häufig passiert: Die populistische Propaganda prallt mit der Realität zusammen. Die Kollision zwingt Di Maio dann dazu, Grundpositionen seiner Bewegung zu revidieren. In diesem Fall müsste er die Ablehnung der Entsendung italienischer Soldaten kassieren. Ohne internationale Erfahrung, ohne akademische Vorbildung und ohne passable Englischkenntnisse hat der Studienabbrecher in der Farnesina einen schweren Stand. Die Arbeit überlässt er Experten. Im November schwänzte er sogar das Treffen der G-20-Außenminister in Tokio und flog nach Sizilien, um die dortige Parteibasis bei Laune zu halten.

Diese Priorisierung verwundert nicht. Di Maio kämpft ums politische Überleben. Hinter ihm liegt ein schreckliches Jahr. Und 2020 begann noch schlimmer. Die Fünf Sterne implodieren. In Flügelkämpfen zerlegt sich die Partei selbst. Di Maio hat den Rückhalt in ihren Reihen verloren. Die Fraktion meutert, mehr und mehr Abgeordnete laufen zu anderen Parteien über oder werden rausgeschmissen. Die Basis wendet sich enttäuscht von der ehemaligen Protestbewegung ab.

Im März 2018 waren die Sterne als stärkste Kraft ins italienische Parlament eingezogen. Gut ein Jahr später hatten sie sechs Millionen Wähler verloren. Ihr Stimmenanteil bei den Europawahlen halbierte sich auf 17,2 Prozent. In Umfragen schrumpfen sie nun weiter. Bei den Regionalwahlen in Umbrien stürzten sie auf sieben Prozent ab. Auf lokaler Ebene reiht sich ein Misserfolg an den anderen. Nie gelang einem Sterne-Bürgermeister die Wiederwahl. Wer die Populisten an der Macht erlebt hat, jagt sie wieder aus dem Amt. Der Niedergang könnte sich am Sonntag bei der Regionalwahl in der Emilia Romagna fortsetzen, dort, wo Beppe Grillo die Bewegung 2007 gegründet hat. Di Maio schickt seine Kandidaten allein und nicht an der Seite des Koalitionspartners PD ins Rennen gegen den rechtsextremen Salvini. Erobert der Lega-Chef die linke Bastion, wird es für die Regierung in Rom eng. Für Di Maio erst recht.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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