Spitzenkandidat Hartmann:Das ist Söders grüner Albtraum

Grüne Bayern: Ludwig Hartmann beim Landesparteitag

Der grüne Spitzenkandidat Ludwig Hartmann.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die Grünen sind in Bayern zur zweitstärksten Kraft geworden. Ihr Spitzenkandidat Ludwig Hartmann fordert den CSU-Ministerpräsidenten im TV-Duell heraus.

Von Lisa Schnell

Wer Ludwig Hartmann trifft, dem sprudeln viele Worte entgegen. Nicht jedes kann er in seiner Eile vollenden, manche Silbe bleibt auf der Strecke. Eine gewisse Präzision im Ausdruck aber könnte Hartmann gerade gut gebrauchen. Er ist nicht nur eine Herausforderung für jeden Stenografen, sondern auch der Herausforderer von Ministerpräsident Markus Söder bei der bayerischen Landtagswahl.

Zu dem kürte ihn der Bayerische Rundfunk, als er ihn zum TV-Duell mit Söder einlud und damit ein historisch einmaliges Ereignis in Bayern schuf. Zum ersten Mal trat in Hartmann ein Spitzenkandidat der Grünen gegen den amtierenden CSU-Ministerpräsidenten an. Bis jetzt tat dies wie selbstverständlich jemand von der SPD. Dementsprechend groß war der Protest der Sozialdemokraten, an der Entscheidung des BR oder den Umfragen änderte er nichts. In denen stehen die Grünen konstant vor der SPD und bei 17 Prozent. Aus der kleinen Öko-Partei ist die zweitstärkste Kraft im Land geworden und Hartmann Söders größter Herausforderer - zumindest im Fernsehen.

Sonst steht in Bayern meist eine andere Grüne im Scheinwerferlicht: Katharina Schulze, die weibliche Hälfte des grünen Spitzenduos. Sie wird als personifizierter Gegenentwurf zu Söder wahrgenommen: weiblich, jung, frech. Aber vor allem gilt sie als "Rampensau". Schulze aber ist erst 33 Jahre alt und darf der Bayerischen Verfassung zufolge nicht Ministerpräsidentin werden. Es kommt Söder wohl nicht ungelegen, dass ihm deshalb nun Hartmann gegenübersitzt, der mit seinen 40 Jahren die Altersgrenze für das Amt des Regierungschefs gerade erreicht hat. Ein allzu einfacher Gegner aber ist auch Hartmann nicht. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Grünen - eigentlich eine Großstadtpartei - auf dem Land wählbar zu machen, und das mit einigem Erfolg.

Hartmann startete ein Volksbegehren gegen den Flächenfraß und traf den Nerv all jener, die ihr schönes Bayernland nicht unter Beton verschwinden sehen wollen. Gerne erzählt Hartmann, wie ihn plötzlich Landwirte um Hilfe bitten im Kampf gegen ein Gewerbegebiet, die sonst mit den Grünen nichts zu tun haben wollen. Auch der Feldhase und die Alpenhummel als gefährdete Tierarten haben in Hartmanns Wortstrom einen festen Platz. Die Bewahrung der Schöpfung - das war schon in Baden-Württemberg der große Nenner, auf den sich ländliche Wertkonservative und Grüne einigen konnten.

Dass Hartmann selbst Feldhasen gesehen hat, ist wohl schon eine Weile her, nicht nur, weil sie selten geworden sind. Hartmann lebt zusammen mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn in München. Von all den vielen Worten, die aus seinem Mund fließen, klingt keines bairisch. Den studierten Kommunikationsdesigner umweht eher der Duft der Großstadt als der von frischem Heu.

Hartmann wurde im oberbayerischen Landsberg am Lech in eine Familie hineingeboren, die grüner nicht sein könnte. Als Kind trugen ihn seine Eltern zu Demos gegen Atomkraft. Er kennt sie, die Ur-Erlebnisse der Grünen wie Tschernobyl oder Wackersdorf. Er weiß, wie die Grünen damals von der CSU fast wie Verbrecher behandelt wurden, selbst erlebt hat er es nicht. Er ist Teil der nächsten, pragmatischen Generation, die mit der Macht keine Probleme mehr hat und endlich in Bayern mitregieren will.

So schnell, wie er redet, so schnell kletterte er bei den Grünen die Karriereleiter hoch: Mit 21 wurde er Landesvorsitzender der Grünen Jugend, mit 27 jüngster Stadtrat in Landsberg, 2008 zog er in den Landtag ein, wurde Fraktionsvorsitzender und zwischendrin, 2012, beinahe der erste grüne Oberbürgermeister Bayerns. Und jetzt also: Söders Herausforderer.

Für ein Coaching, etwa um die Wortfülle zu bändigen, hat die Zeit nicht mehr gereicht. Hartmann hat sich dafür Ruhe verordnet und einen Besuch auf dem Oktoberfest gestrichen. Das muss reichen als Vorbereitung.

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