Süddeutsche Zeitung

Profil:Lucas Flöther

Insolvenzverwalter, der sich nun um die Trümmer von Air Berlin kümmern muss.

Von Jens Schneider

Wenn bei einem Unternehmen erst mal das Wort Insolvenz gefallen ist, löst das schnell eine düstere Assoziationskette aus. Es klingt nach Ende und Untergang. Dem Insolvenzverwalter kommt dabei die Aufgabe zu, die Scherben zusammenzukehren und die Pleite abzuwickeln. Tatsächlich ist die Herausforderung viel größer. "Wir müssen viel moderieren und versuchen, alle Beteiligten mitzunehmen", sagt Lucas Flöther, "das ist eine mediative Aufgabe." Es geht um die Chance, eine Firma zu erhalten, möglichst viel von ihr zu retten, auch im Interesse der Gläubiger.

Lucas Flöther ist mit seinen 43 Jahren noch jung für diese Aufgabe, aber der Mann aus Halle zählt zu den erfahrensten Insolvenzverwaltern in Deutschland. Mehr als tausend Sanierungs- und Unternehmensinsolvenzverfahren hat er betreut, jetzt ist eine besonders heikle Aufgabe hinzugekommen. Als Sachwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren kümmert er sich um Air Berlin.

Er muss darauf achten, dass die Fluglinie ihr Insolvenzverfahren in eigener Verantwortung korrekt führt. Mit dieser Kontrollaufgabe sei er, sagt Flöther, sicher mehr als ein Frühstücksdirektor, er müsse viel Präsenz zeigen. Er spricht mit Leidenschaft über den richtigen Umgang mit Pleiten: manche Firmen seien, sagt er, zu retten; manchmal sei Schließung unvermeidlich. Er ist in Leipzig geboren, sein Abitur machte er in Halle. Dort studierte er Jura an der Martin-Luther-Universität und promovierte über "Auswirkungen des inländischen Insolvenzverfahrens auf Schiedsverfahren und Schiedsabrede". Seine Liebe zum Insolvenzrecht wurde durch Vorlesungen des Professors Stefan Smid geweckt, der auch sein Doktorvater wurde. Flöther faszinierte der Umgang mit Problemen, die Expertise in Jura und in Betriebswirtschaft, aber auch Gefühl für unternehmerische Verantwortung verlangen. Nach dem Studium ließ er sich als Anwalt in München nieder, fand dann über eine Freundin Kontakt zu einem Hallenser Insolvenzverwalter, der ihn in seine Kanzlei holte. Flöther wurde der jüngste Unternehmens-Insolvenzverwalter in Deutschland, sein erster Auftrag war eine Fleischerei im Mansfelder Land in Sachsen-Anhalt.

Heute zählt er zu den Großen der Branche, er ist Vorsitzender des Ausschusses Insolvenzrecht der Bundesrechtsanwaltskammer und Sprecher des Gravenbrucher Kreises. Das ist ein Zusammenschluss der führenden Insolvenzverwalter und Sanierungsexperten Deutschlands. Zu seinen Aufträgen zählte die Sanierung der Unister-Gruppe - die erhalten werden konnte.

Flöther ist mit einer Ärztin verheiratet, sie haben zwei Kinder. Längst lehrt er selbst und ist Honorarprofessor an der Uni Halle-Wittenberg. Das Berufsbild habe sich komplett gewandelt, sagt er. Es werde nicht mehr von oben durchregiert. Ein Insolvenzverwalter müsse den Spagat schaffen, alle einzubinden. Schön sei es, wenn am Ende als Konsens die Fortführung des Unternehmens steht.

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Quelle:
SZ vom 18.08.2017
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