Profil:Liv Lisa Fries

Sie spielt eine Hauptrolle in "Babylon Berlin" - als Gesicht der Goldenen Zwanziger.

Von Laura Hertreiter

Profilbild (neu) vom 29.9.2018
(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Unzählige Male war Liv Lisa Fries über den Berliner Alexanderplatz gelaufen, eigentlich kannte sie alles auswendig, den Kaufhof, die Weltzeituhr, den Kebabstand. Der Drehtag, an dem genau hier plötzlich alles anders war, ist der in Pankow aufgewachsenen Schauspielerin in besonderer Erinnerung. "Der halbe Alexanderplatz war in die Zwanzigerjahre zurückversetzt worden", sagt sie. Die Gebäude, das Pflaster, die Passanten. Und natürlich sie selbst. Bewegend sei das gewesen, sagt sie. Dabei hatte sie sich akribisch auf diese Zeitreise vorbereitet.

Liv Lisa Fries ist 27 Jahre alt, sie hat bereits in zahlreichen Rollen beeindruckt, und von Sonntag an wird sie in der vielfach ausgezeichneten Krimiserie "Babylon Berlin" in einer Hauptrolle zu sehen sein. Sie spielt in dem opulenten Sittengemälde die neugierige, blitzgescheite, nicht immer ganz korrekte Charlotte Ritter. Eine Stenotypistin, die gemeinsam mit einem Kommissar Fälle löst. Mit einem Budget von 40 Millionen Euro ist die Serie die bislang teuerste deutsche Fernsehproduktion; sie wurde im vergangenen Jahr zunächst auf dem Bezahlsender Sky gezeigt und erreichte dort ganz erstaunliche Zuschauerzahlen. In den nächsten Wochen ist sie nun in der ARD zu sehen - mit Liv Lisa Fries als Gesicht der Goldenen Zwanziger.

Als Fries das erste Mal vor der Kamera stand, war sie 14 Jahre alt. Damals hatte sie Natalie Portman in "León - Der Profi" bewundert - und lernte bei einem Tag der offenen Tür an einer Berliner Schauspielschule sofort einen Agenten kennen. So bekam sie ihre erste kleine Rolle in Oskar Roehlers "Elementarteilchen". Eine Rolle, die es nie auf die Leinwand schaffte, weil sie dem Schnitt zum Opfer fiel. Egal. Fries nahm Sprech- und Schauspielunterricht. Neben Götz George in "Schimanski - Tod in der Siedlung" spielte sie dann direkt die Hauptrolle. Götz George sei ein Schauspieler, der seine Sache sehr ernst nehme, erzählte sie später über die Dreharbeiten. "Ich war jung, das hat mich geprägt." Wie ernst auch sie ihre Sache nimmt, zeigen ihre Vorbereitungen für die Dreharbeiten zu "Babylon Berlin".

Wie immer, wenn sie eine neue Rolle übernimmt, vertiefte sie sich erst mal in Bücher. Eine alte Gewohnheit aus ihrem Studium der Philosophie und Literaturwissenschaft, das sie abgebrochen hat, weil sie damals schon zu viele Rollen bekam. Sie las also Schriftstellerinnen der Zwanziger, "Das kunstseidene Mädchen" von Irmgard Keun und "Alles ist Jazz" von Lili Grün. Sie besuchte Ausstellungen über die Weimarer Republik, schaute Marlene-Dietrich-Filme und schrieb dann mit den Regisseuren von "Babylon Berlin" eine Textpassage, "die es dann auch tatsächlich in die zweite Staffel geschafft hat", wie sie sagt.

Als sie schließlich auf dem um fast hundert Jahre zurückversetzten Alexanderplatz drehte, habe sich diese Zeit gar nicht mehr so fern angefühlt, erzählt Fries. Ihr Schauspielkollege Volker Bruch, der den Kommissar Rath spielt, sagt: "Liv will und muss alles verstehen, damit sie sich dann am Set bedingungslos der Szene hingeben kann. Dann kann man sich als Partner von ihr überraschen lassen, bis man am Ende völlig vergisst zu spielen."

Sehr bekannt wurde Fries 2011 durch den Film "Sie hat es verdient" von Thomas Stiller. Darin spielt sie eine Jugendliche, die eine Mitschülerin zu Tode quält. Es waren extreme Dreharbeiten, und nebenbei lernte Fries für ihr Abitur. Später war sie die Überlebende eines Amoklaufs in "Staudamm" und die Freundin eines Mannes, der gerade sein Coming-out hatte in "Romeos". In "Und morgen Mittag bin ich tot" spielte sie eine Mukoviszidose-Erkrankte, die das Ende ihres Lebens selbst bestimmen will. Für den Film hat Fries zehn Kilo abgenommen und ein halbes Jahr lang Betroffene begleitet.

Schon bald wird Liv Lisa Fries wieder in die Zwanzigerjahre abtauchen; für "Babylon Berlin" ist bereits eine dritte Staffel angekündigt.

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