Profil:Letizia von Spanien

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(Foto: Carlos Alvarez/Getty Images)

Die Königin in Madrid beteiligt sich am Streik der spanischen Frauen.

Von Sebastian Schoepp

Macho ist ein spanisches Wort, an sich ist es wertfrei, es beschreibt das männliche Geschlecht im Sinne der Biologie, analog zu hembra, weiblich. Doch weltweit ist der Macho zum Inbegriff geworden für den herrischen, sich überlegen fühlenden, oft auch prügelnden Mann. Vielleicht war das der Grund, warum der Frauentag am 8. März in spanischsprachigen Ländern noch mehr Widerhall gefunden hat als anderswo: Allein in Spanien gingen mehr als 5,3 Millionen Menschen auf die Straße für Gleichberechtigung; ein Aufruf zum Frauenstreik zeigte Wirkung. Unter die Streikenden mischte sich die protokollarisch erste Frau des Landes: Königin Letizia.

Es gibt nicht wenige Spanier - und nicht nur Republikaner -, die behaupten, die 45-jährige Monarchin hätte besonderen Grund zum Protest gegen überkommene Rollenbilder: Das Leben am Hof ist alles andere als ein weltoffenes, modernes Dasein. Es unterliegt einer Vielzahl von starren, verzopften Verhaltens- und Standesregeln, die dazu beigetragen haben mögen, dass Letizia zumindest in den ersten Jahren nach ihrer Hochzeit 2004 mit Kronprinz Felipe nicht sehr erfüllt wirkte. Ihre auffällige Magerkeit ließ die Klatschpresse über Magersucht, ihr Griesgram über Depression mutmaßen.

Eine Operation an der Nase führte zu böser Kritik, sie animiere Nachahmerinnen zu überflüssigen Schönheitsoperationen, hieß es. Der Hof sah sich genötigt, in einem Kommuniqué zu betonen, der Eingriff habe gesundheitliche Gründe gehabt. Das war ein Novum, denn private Angelegenheiten der Königsfamilie waren bis dato tabu. Dass Letizia sich besonders schwertat mit dem Leben im goldenen Käfig, mag daran gelegen haben, dass der Aufstieg der asturischen Krankenschwesterstochter Letizia Ortiz zur Prinzessin gewissermaßen in der Umkehrung traditioneller Vorstellungen eher in ein Aschenputtel-Dasein mündete. Als Fernsehjournalistin war sie es gewohnt gewesen, ein offenes, kritisches Wort zu pflegen und sich ungezwungen zu bewegen. Das Leben bei Hofe katapultierte Doña Letizia in die Rolle der Repräsentantin einer traditionellen Mutterrolle, standesgemäß im Schatten ihres Gemahls.

Allerdings erwies sich Felipe als das eigentliche Mauerblümchen, er zog seine Gattin eher zu sich herunter als umgekehrt. Jetzt muss Letizia es auch noch aushalten, dass ihr erster Mann ein autobiografisches Buch über seine Beziehung zu ihr auf den Markt bringt.

Als Feministin hat Letizia sich schon früher geäußert, sie bekundete ihre Unterstützung für die Bewegung. Am Frauentag sagte sie alle Termine ab, um mit zu streiken unter dem Motto: "Wenn die Frauen streiken, dann steht die Welt still." Im Fernsehen fielen am Donnerstag Sendungen aus, weil Moderatorinnen - Letizias frühere Kolleginnen - dem Aufruf folgten. Millionen zogen durch die Städte, auf Balkonen hingen Schürzen mit Kritik am machismo. Züge wurden gestrichen, U-Bahnen fuhren unregelmäßig.

Nach einer Umfrage des Instituts Metroscopia waren 82 Prozent aller Spanier der Überzeugung, dass der Streik gerechtfertigt sei. Dazu hat nicht zuletzt die breite öffentliche Diskussion über den machismo beigetragen, die die sozialistische Regierung 2004 anstieß, als sie ein Gesetz erließ, das die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zur Staatsaufgabe machte. Laut EU-Statistiken gibt es in Spanien weit weniger Fälle als etwa in skandinavischen Ländern, was aber damit zu tun haben mag, dass sich Frauen dort eher zur Anzeige entschließen. Doch ein Mentalitätswandel ist in Spanien im Gang, wenn auch nicht bei allen. Letizias Schwiegermutter, Königin Sofia, streikte nicht, sondern eröffnete demonstrativ eine Ausstellung. An der Gleichberechtigung bei Hofe sind also Zweifel angebracht, wie auch sonst am Stand sozialer Gleichberechtigung im Lande. Ein Twitterer schrieb: "Ich glaube kaum, dass König Felipe heute im Palast die Spülmaschine ausräumt."

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