Profil:Kyriakos Mitsotakis

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(Foto: AP)

Der Konservative wird wohl griechischer Regierungschef - und will das Land erneuern.

Von Christiane Schlötzer

Es war tiefer Winter, als die CSU Anfang dieses Jahres Kyriakos Mitsotakis zu ihrer Klausur im oberbayerischen Kloster Seeon empfing. Leicht fröstelnd trotz dickem blauen Parka sagte der Grieche in die Mikrofone, es sei ihm "eine Freude". Neben ihm stand CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der den Griechen 2012 noch den Grexit empfohlen hatte, schließlich sei die Eurozone "kein Hängemattenclub". Sollte Mitsotakis in Seeon einen Moment lang daran gedacht haben, so lächelte er die Erinnerung weg. Und Dobrindt dankte mit den Worten, es sei an der Zeit, dass der "liebe Kyriakos" in Athen die Regierung übernehme.

Dies könnte nun schneller geschehen, als es im Januar absehbar war. Griechenlands Linksregierung hat am vergangenen Sonntag drei Wahlen krachend verloren - für das Europaparlament, für die Kommunen und die Regionen. Premier Alexis Tsipras hat deshalb Neuwahlen angekündigt, als wahrscheinlicher Termin gilt der 7. Juli. Alle Umfragen geben der von Mitsotakis geführten konservativen Nea Dimokratia (ND) einen eigentlich uneinholbaren Vorsprung.

Mitsotakis stammt aus einer der ältesten Politikerdynastien. Sein Vater, der Kreter Konstantinos Mitsotakis, war Ministerpräsident von 1990 bis 1993. Er gehörte zu den prägendsten Persönlichkeiten der griechischen Politik, 2017 starb er mit 98 Jahren. Während der griechischen Militärdiktatur ging er ins Exil. Sohn Kyriakos war ein halbes Jahr alt, als die Familie 1968 nach Paris floh.

Viele Griechen haben ein gespaltenes Verhältnis zu ihren Politikerdynastien. Die werden einerseits als Teil der Eliten, die das Land heruntergewirtschaftet haben, misstrauisch beäugt. Andererseits gilt, wer Politik schon "am Familientisch" gelernt hat, auch als prädestiniert für höhere Ämter.

Kyriakos Mitsotakis hielt sich trotz seiner Herkunft lange von der Politik fern, im Gegensatz zu seiner älteren Schwester Dora Bakoyanni, die Außenministerin war. Nach der Rückkehr aus dem Exil besuchte er eine renommierte Athener Privatschule, studierte dann an den amerikanischen Eliteuniversitäten Harvard und Stanford Sozialwissenschaften und Wirtschaft. Später ging er zur Beratungsfirma McKinsey nach London. 1997 kehrte er nach Athen zurück, arbeitete erst für eine Investmentfirma, dann für eine Privatbank. Die verließ er 2003, um den Einstieg in die Politik vorzubereiten. 2004 gelang ihm auf Anhieb der Einzug ins Parlament, wo er für damalige Verhältnisse geradezu Umstürzlerisches wagte: Er gab seinen schweren Dienstwagen ab und forderte seine Kollegen auf, es ihm gleichzutun. Darauf folgte der Spott: Wer reich sei, könne leicht auf Privilegien verzichten.

Das Etikett des Elitezöglings blieb an ihm haften. Die Lebenswege von Mitsotakis und seinem Rivalen Tsipras könnten kaum unterschiedlicher sein: Tsipras, 44, aus einer Mittelschichtfamilie stammend, organisierte schon als Jungkommunist einen Schüleraufstand, er pflegt bis heute das Image des Streetfighters. Dem 51-jährigen Mitsotakis - verheiratet und Vater dreier Kinder - merkt man dagegen das Wohlbehütete noch immer an. Er wirkt zurückhaltend, betont höflich, wird selten laut. Das Prollige und Hemdsärmelige älterer konservativer Größen fehlt dem schlanken, hoch aufgeschossenen Mann völlig. In der ND mit ihren zerstrittenen Flügeln hat man es ihm anfangs nicht leicht gemacht. Mitsotakis' Vorteil aber sei es, dass man ihn ständig unterschätze, schrieb die Zeitung Kathimerini.

Falls er Regierungschef wird, will Kyriakos Mitsotakis mit Griechenlands Kreditgebern neue Spielräume ausloten. "Geringere Steuern, höhere Steuermoral", so sein Credo. Mitsotakis behält sich zudem vor, einen Beitritt Nordmazedoniens zur Europäischen Union zu blockieren. Angela Merkel hatte Tsipras für den historischen Deal mit Skopje ausdrücklich gelobt. Die CSU hat in Seeon dazu lieber nichts gesagt.

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