Profil:Keith Schembri

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Der Strippenzieher auf Malta steht unter schlimmem Verdacht.

Von Oliver Meiler

(Foto: Matthew Mirabelli/AFP)

Keith Schembri ließ sich nie gerne fotografieren. Wenn die maltesischen Zeitungen jetzt Fotos von ihm zeigen, sind es meistens dieselben. Seine Rolle hinter den Kulissen der Macht, als Stabschef von Premier Joseph Muscat, schien ihm wichtiger zu sein als die große Bühne. Über die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Auberge de Castille, dem barocken Regierungspalast in Valletta, sagte das aber offenbar nichts aus. Die Zeitung Times of Malta zitierte einen Minister der Labour Party mit den Worten: "Es war immer Schembri, der die Entscheidungen traf."

Diese Woche überstürzten sich nun die Ereignisse. Nicht nur in Schembris Leben, sondern im Leben der maltesischen Politik insgesamt. Sie war immer schon dramatisch, die Vorgänge der vergangenen Tage aber übertrafen alles. Einige Festnahmen und Verhöre im Umkreis derer, die im Oktober 2017 den Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia organisiert und ausgeführt haben sollen, zerrten auch Schembri in die Tiefe. Ein Kronzeuge, der Unternehmer und mutmaßliche Hintermann Yorgen Fenech, hat Schembri als Auftraggeber des Bombenanschlags genannt. Den Stabschef. Man muss sich das mal vorstellen.

Wer die Wahrheit sagt, ist nicht klar. Doch damit hatte der Mordfall endgültig die Spitze der maltesischen Regierung erreicht, den innersten Machtzirkel. Schembri trat zurück, nachdem er davor jahrelang alle Zweifel an seinem Leumund süffisant zurückgewiesen hatte. Sein Haus wurde durchsucht, er wurde verhaftet, verhört - und nun überraschend wieder freigelassen. Ohne Anzeige. Die Staatsanwaltschaft fand, der Mann müsse nicht verwahrt bleiben, der laufe nicht davon. In den Tagen nach dem Rücktritt sagte Schembri, Muscat sei nicht nur sein Chef gewesen. "Er ist mein Freund." Vielleicht war das auch als Warnung gemeint.

Der 44-jährige Schembri war ein erfolgreicher Unternehmer, bevor er in die Politik wechselte. Seine Kasco Holding kaufte Papier ein und verkaufte es mit guter Marge weiter an die Druckereien. Bald handelte er auch mit Maschinen für Druckereien. Zu seinen vielen Kunden gehörte die Times of Malta. Da die in der Krise seine Rechnungen nicht bezahlen konnte, setzte er sie, wie die Zeitung schreibt, oft unter Druck. Offenbar forderte er gute Presse für sich und sein wachsendes Imperium. Kasco investierte auch in Getränkemarken, Restaurants und Luxusmöbel. 2008 holte Muscat den Freund zur Labour Party, die er übernommen hatte.

Schembri sollte sich als formidabler politischer Stratege erweisen: Er revolutionierte den altbackenen Kommunikationsstil von Labour. 2013 gewann die Partei die Parlamentswahlen. Muscat wurde Premier. Die Berufung Schembris zum "Chief of staff", einer neu geschaffenen Stelle im Organigramm, nannte er damals eine "natürliche Wahl". Der Stabschef zog ins Büro neben jenem des Premiers. Die operative Leitung seines Unternehmens gab Schembri ab. Doch er behielt 99,9 Prozent der Anteile.

Mehr noch als die Kasco interessierte aber bald eine andere Firma, die er, kaum war er an der Macht, in Panama eröffnet hatte: die "Tillgate", sie schien in den Panama Papers auf. Offenbar sollte sie als Depot für Schmiergelder dienen. Schembri stritt das immer ab. Doch Daphne Caruana Galizia blieb dran. Sie nannte ihn korrupt und zeichnete Verbindungen nach zu einer mysteriösen Firma in Dubai, der 17 Black. Und die, so weiß man heute, gehört Yorgen Fenech, der unter anderem hoch dotierte Geschäfte im Energiesektor abschloss. Mit der Regierung.

Da floss also schon lange viel Trübes zusammen. Muscat hielt immer zu seinem Stabschef, der hatte ihn schließlich zum Premier gemacht. Und Schembri sorgte mit einer neuen Meisterleistung dafür, dass die Malteser bei den Parlamentswahlen 2017 wieder mehrheitlich Labour wählten. Nun sind die Schatten so lang geworden, dass sie auch die ganze Bühne bedecken.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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